Eine Plastiktüte hängt an einem Maschendrahtzaun.

Plastiktüten an der Kasse: Supermärkte umgehen Verbot

Stand: 17.06.2022, 16:37 Uhr

Seit Anfang des Jahres dürfen Supermärkte im Kassenbereich keine Einweg-Plastiktüten mehr ausgeben. Einige Ketten umgehen dieses Verbot jedoch: Sie bieten einfach dickere Plastiktüten an.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hat am Freitag den Handel ermahnt, sich an das Plastiktüten-Verbot im Handel zu halten. Supermärkte sollten ihren Beitrag zur Eindämmung der Einweg-Plastikflut leisten und "Schummeltüten", mit denen das Verbot umgangen werde, schnell aus dem Sortiment entfernen, sagte Lemke.

Umwelthilfe klagt den Handel an

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hatte am Donnerstag verschiedene Discounter und Drogerien kritisiert, die offenbar einen Weg gefunden haben, das Verbot zu umgehen: Demnach bieten Unternehmen wie zum Beispiel Edeka, Norma oder Rossmann Plastiktüten an, die um wenige Mikrometer dicker sind als die bisher gängigen Modelle. Möglich sei das, weil laut Gesetz lediglich Plastiktüten mit einer Wandstärke von 15 bis maximal 49 Mikrometern verboten sind. Die neuen Plastiktüten sind mindestens 50 Mikrometer dick - und können so ganz legal im Kassenbereich angeboten werden.

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Lemke warf den Unternehmen vor, "das geltende Recht an der Nase herumzuführen". Und: "Ich hoffe, dass es nicht schon wieder eine gesetzliche Regelung braucht." Derzeit gebe es aber keine rechtliche Handhabe, den Verkauf zu unterbinden. Das EU-Recht lasse ein Verbot dickwandiger Tüten aktuell nicht zu, sagte Lemke.

Viele Discounter halten sich an die Regeln

Neben einem vollen Mülleimer stehen Plastiktüten, Flaschen und anderer Müll.

Tüten landen oft in der Natur

Für DUH-Geschäftsführerin Barbara Metz handeln die Unternehmen "verantwortungslos und verlogen". Besonders dreist gehe die Drogeriekette Müller vor: "Mit 50 Mikrometern sind dort Tüten genau einen Mikrometer oder besser gesagt 0,001 Millimeter dicker als die verbotene Wandstärke." Die Tüten als Mehrweg-Produkte anzubieten, sei irreführend. Dass es auch ohne Plastiktüten gehe, zeigten die Unternehmen Kaufland, Lidl, Rewe, Penny, Aldi Nord und Süd, so die DUH.

Bis zum Verbot waren Plastiktüten eines der häufigsten Wegwerfprodukte in deutschen Haushalten. Nach Informationen der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM) wurden 2019 rund 1,7 Milliarden Tüten verbraucht: Das entspricht 21 Tüten pro Kopf und Jahr. Im Jahr 2000 waren es noch rund sieben Milliarden.

Übrigens:

Völlig verboten sind Einweg-Plastiktüten im deutschen Handel nicht. Es gibt Ausnahmen: Sehr dünne Plastiktüten zum Einpacken von Obst und Gemüse im Selbstbedienungsbereich, so genannte Hemdchen- oder Knotenbeutel mit weniger als 15 Mikrometern Wandstärke, können weiter genutzt werden.

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