Transidente Frau aus Olpe für mehr Akzeptanz

Stand: 31.05.2022, 06:00 Uhr

Schon früh merkt Jasmin Zimmermann aus Olpe, dass sie transident ist. Doch erst mit 16 Jahren wagt sie das Coming-out. Kein leichter Schritt und doch für Jasmin der einzige Weg. Sie will sich nicht mehr verstecken, will endlich ein Leben als Frau führen. Vor einem Jahr dann die wichtigste Hürde: die geschlechtsangleichende Operation.

Seitdem widmet sich Jasmin ihrem Alltag. Ihr größter Wunsch - Normalität und Struktur. Jasmin möchte sich entfalten, als Frau innerhalb der Gesellschaft akzeptiert werden. Doch genau das entpuppt sich als nächste große Hürde. Im WDR-Interview erzählt sie uns, welche Erfahrungen sie macht und warum Diversität so wichtig ist.

WDR: Jasmin, was glaubst du - wie sieht dich die Gesellschaft?

Jasmin Zimmermann: Teilweise als Mann, teilweise als Frau. Im Großen und Ganzen als undefinierbar. Manchmal habe ich das Gefühl: egal, wie viele Schritte ich laufe, gesellschaftlich werde ich mich einfach nicht weiter entwickeln. Es gibt einfach immer Menschen, die mich auf das reduzieren, was sie in mir sehen wollen. Und das ist eben die Transidentität.

WDR: Wie siehst du dich?

Zimmermann: Ich sehe mich selbst. Mittlerweile eine junge Frau. Mein Gesicht ist mit Früher noch zu vergleichen, aber man erkennt es nicht wieder. Und doch habe ich in den Augen der Gesellschaft noch Ecken und Kanten, die mich nicht als Frau definieren. Wir leben leider immer noch in einer Gesellschaft, in der soziale Medien, Magazine etc. definieren, wie eine Frau auszusehen hat und da passe ich nun mal nicht rein.

WDR: Das Thema Diversität hat in den vergangenen Jahren doch viel mehr an Bedeutung gewonnen. 

Zimmermann: Ja das stimmt. Wir haben uns innerhalb der Gesellschaft in den vergangenen Jahren deutlich weiterentwickelt. Tabuthemen werden endlich angesprochen, sexuelle Aufklärung findet statt. Trotzdem dürfen wir nicht denken, dass nur weil der Begriff der Diversität genutzt wird, die komplette Gesellschaft toleranter wird. Es ist ein Prozess, den viele Menschen einfach nicht gehen wollen.

Seit zwei Jahren begleiten wir Jasmin Zimmermann auf ihrem Lebensweg. 
Lernten Sie kurz nach ihrem Outing kennen. 
Seitdem lässt sie uns an ihren Gedanken und Erlebnissen in ihrem neuen Leben als Frau teilhaben. Sehr offen und eindringlich.

WDR: Erlebst du das auch selbst in deinem Alltag? 

Zimmermann: Ja, leider. Gerade auf dem Land. Ich bin täglich blöden Blicken, Sprüchen und Anfeindungen ausgesetzt. Ich weiß nicht, ob das was mit Neid zu tun hat, vielleicht mit böswilligen Gedanken, vielleicht einfach auch das Befremdliche, vielleicht Engstirnigkeit. Ich weiß es nicht.

Solange man sich selbst verwirklicht, ist man anderen Leuten ein Dorn im Auge. Wenn die Gesellschaft mich nicht als Frau akzeptieren will, dann fühle ich mich auch nicht wohl in meiner Haut. Es ist leider so. Man achtet zwar immer auf sein persönliches Glück, aber wenn man dann alle zwei Minuten dumm angeguckt wird, es hinter einem tuschelt, dann fühlt man sich auch nicht wohl.

WDR: Du hast gemeinsam mit anderen Jugendlichen eine Selbsthilfegruppe für transidente Menschen in Olpe gegründet. Was ist dir besonders wichtig?

Zimmermann: Ich möchte Menschen informieren. Ihnen, wenn es nötig ist, auch meinen Weg erklären und die Angst nehmen. Denn vielleicht ist es genau das, was sie dazu bringt Menschen wie mich mit Worten und Taten zu verletzten. Und das möchte ich ändern.

Für meine Zukunft aber auch für alle Menschen, die sich leider immer noch verstecken, weil sie Angst vor genau diesen Anfeindungen haben, anstatt endlich ein erfülltes Leben zu leben.

WDR: Was muss sich dafür ändern? 

Zimmermann: Ich persönlich wünsche mir eine Gesellschaft, in der wir im Vorrang die Individualität des Menschen sehen. Halt darauf achten: was macht diesen Menschen einzigartig und das als schön betrachten. Äußerlichkeiten sollten nicht den Menschen ausmachen. 

Respekt verdient sich jeder Mensch - so auch ich und alle Menschen, die einen ähnlichen Leidensweg gehen wie ich. Und es ist auch wichtig, dass auch in der Gesellschaft akzeptiert wird, dass man Menschen wie mich akzeptieren sollte.

Das Interview führte Elisabeth Konstantinidis.