"Der Druck ist runter": Erleichterung bei Thyssenkrupp in Eichen
Lokalzeit Südwestfalen. 09.05.2025. 03:12 Min.. Verfügbar bis 09.05.2027. WDR. Von Markus Krczal.
"Der Druck ist runter": Erleichterung bei Thyssenkrupp in Eichen
Stand: 09.05.2025, 16:58 Uhr
Die 600 Beschäftigten des Thyssenkrupp-Stahlwerks in Kreuztal-Eichen haben ein halbes Jahr um ihre Zukunft gebangt. Unter der Woche kam die unerwartete Kunde, dass es vorerst weitergeht. Eine Betriebsversammlung sollte jetzt aufklären - und hat die Hoffnung gestärkt.
Von Lukas Grünig
Freitagmorgen in Kreuztal-Eichen. Einige Lkw fahren auf das Gelände von Thyssenkrupp Steel. Ein einzelner Obststand steht auf dem Parkplatz. Einzig die Plakate und Banner, die vor dem Firmengebäude hängen, erinnern daran, dass 600 Beschäftigte des Werks seit Herbst vergangenen Jahres um ihre Zukunft bangen mussten.
Vorsichtiger Optimismus in der Belegschaft

Plakate und Kreuze als Mahnmal vor dem Thyssenkrupp-Werk in Eichen
Gegen halb zehn trudeln die ersten Mitarbeiter ein. Einige aus dem Werk in Eichen, viele auch aus Kreuztal-Ferndorf. Die Nachricht von Mittwoch, dass das Werk doch noch eine Zukunft hat, sorgt bei den meisten für Erleichterung.
Sorge um die älteren Kollegen

Aymane (rechts) mit einem Arbeitskollegen
Einer von ihnen ist Aymane. Er war gerade mit der Lehre fertig, als die Nachricht kam, dass das Werk schließen soll. Auch für ihn eine schwierige Situation.
Er sagt: "Aber ich hab mir auch eher Gedanken um die älteren Kollegen gemacht, weil es halt für die existenziell schwieriger" ist, neue Arbeit zu finden, sagt er. Der Zusammenhalt untereinander - das merkt man - ist groß.

Helmut Renk, Betriebsratsvorsitzender
Kurz vor 10 Uhr: Der Platz vor dem Gebäude, in dem die Versammlung stattfindet, füllt sich. Es wird geredet und gelacht. Das Wetter ist gut. Die Stimmung wirkt locker. Dass das jetzt wichtig ist, weiß Helmut Renk, Betriebsratsvorsitzender des Werks in Eichen:
Die Kollegen sind jetzt gelöst, sind entspannt und freuen sich auch. Endlich ist der Druck runter. Endlich sieht man eine Perspektive! Helmut Renk, Betriebsratsvorsitzender
Hoffen auf Zukunft des Werks
Um kurz nach zehn Uhr startet die Betriebsversammlung. Draußen bleibt Joaquin Sanchec. Schon seit dem Morgen steht er mit seinem Obststand auf dem Parkplatz vor dem Werk. Er selbst hat viele Jahre bei Thyssenkrupp in Kreuztal gearbeitet und ist seit 2018 in Rente.

Joaquin Sanchec vor seinem Obststand
Trotzdem fühlt er mit den Betroffenen mit. Für ihn war die Hiobsbotschaft vor sechs Monaten wie "ein Stich ins Herz". Worauf es für ihn jetzt ankommt: dass in das Werk in Eichen investiert wird, um es fit für die Zukunft zu machen.
Und dann, nach knapp 90 Minuten, kommen die ersten erleichterten Gesichter. Eines von ihnen gehört Andreas Scheen. Er hat Familie, zwei Kinder.

Andreas Scheen ist glücklich: Bis mindestens 2028 geht es weiter
"Wie geht alles weiter? Findet man wieder neue Arbeit?" Das sind Fragen, die er sich in den letzten Monaten immer wieder gestellt hat. Nach der Betriebsversammlung blickt er optimistisch nach vorne:
Wenn wir alle zusammen anpacken, denke ich schon, dass wir die Karre wieder aus dem Dreck holen. Andreas Scheen, Thyssenkrupp-Mitarbeiter
Mitarbeiter: "Fühlt sich einfach gut an!"
Auch für die Thyssenkrupp-Mitarbeiter Sebastian und Dennis ist die Erleichterung groß. "Wir haben eine Riesen-Solidarität erfahren", sagt Sebastian, und dass man jetzt gute Ergebnisse sehe, "fühlt sich einfach gut an."
Die Erleichterung ist großartig! Die ganzen Kämpfe, alles, was wir gemacht haben, hat sich jetzt ausgezahlt. Sebastian, Thyssenkrupp-Mitarbeiter
Gewissheit bis 2028: Danach erneute Prüfung

Sebastian und Dennis sind erleichtert, dass es zunächst weitergeht
Aber es ist erst mal nur eine Momentaufnahme. "Klar, wir sind erleichtert, dass es hier weitergeht", sagt Dennis, aber wie genau und wie lange, das muss weiter verhandelt werden.
Man wolle das Werk jetzt bis 2028 zukunftsfähig machen. Danach müsse man schauen, wie sich die gesamtwirtschaftliche Lage entwickelt, so Arbeitsdirektor Dirk Schulte. Er hatte sich persönlich aus Duisburg auf den Weg nach Eichen gemacht.
Unsere Quellen:
- Interviews mit Mitarbeitenden
- Helmut Renk, Betriebsratsvorsitzender
- Dirk Schulte, Arbeitsdirektor bei Thyssenkrupp
- WDR-Reporter vor Ort