Viele Zuhörer in einem Saal von oben fotografiert.

Sexualisierte Gewalt im Bistum: Wut und Fassungslosigkeit

Stand: 13.06.2022, 19:57 Uhr

Am Montagabend haben Historiker die Missbrauchsstudie auf einer Bürgerversammlung in der Schloss-Aula der Uni Münster vorgestellt. Neben vielen Gläubigen waren auch Betroffene vor Ort.

Von Ann-Marlen Hoolt

Rund 120 Menschen saßen am Montagabend in der Aula des Schlosses, als die Forschergruppe um Thomas Großbölting und Klaus Große Kracht der Uni Münster die Studie der Öffentlichkeit vorstellte. Über 500 Menschen schauten der Veranstaltung zudem per Webstream zu.

Viele Zuhörer in einem Saal vor einer Präsentation.

Rund 120 Gläubige und Betroffene kamen in die Aula des Schlosses

Martin Schmitz, der Sprecher des Beirats, der die Historiker bei ihrer Arbeit begleitet hatte, ist selbst Betroffener von sexualisierter Gewalt durch einen Priester. Er zum Beispiel forderte am Montag eine staatliche Aufarbeitung der Missbrauchsfälle. Die Kirche müsse auf "Machtanspruch und Deutungshoheit" verzichten.

Anderen Betroffenen Mut machen

Die Zuhörer beschäftigte besonders die Frage, warum die Aufarbeitung der Missbrauchstaten derart lange dauere. Viele seien nämlich immer noch nicht öffentlich bekannt. Historiker Klaus Große Kracht ist aber zuversichtlich, dass bald noch mehr Taten aufgeklärt werden können. Denn das gesellschaftliche Klima habe sich verändert.

Es gebe seit 2010 einen "Dammbruch der öffentlichen Meldungen". Immer mehr Betroffene trauen sich in die Öffentlichkeit. Das gebe auch weiteren Betroffenen Kraft, sich zu melden und über ihr Trauma zu sprechen.

Kritik für die Historiker

Für die fünf Historiker gab es aber auch Kritik. So bemängelte beispielsweise der selbst von Missbrauch betroffene Karl Haucke die neutrale Sprache der Forscher. "Wir reden von Gewalt an Kindern", betonte er. "Das muss man auch sprachlich klar machen."

Konsequenzen gefordert

Applaus gab es im Schloss, als ein Zuschauer im Webstream den Rücktritt der Bischöfe forderte, die die Missbrauchstaten gedeckt hatten. Ein Zuschauer im Saal sprach von "ethischem Analphabetismus" in der Kirchenführung.

Bischof Felix Genn wird sich erst am Freitag zur Studie äußern. In einer ersten Stellungnahme hat er Konsequenzen angekündigt und um Entschuldigung gebeten.

"Studie nur ein erster Schritt"

Auch der Leiter der Studie, Thomas Großbölting, betonte, dass die Studie nur ein erster Schritt sei und nicht als Aufarbeitung oder Wiedergutmachung durch die Kirche verstanden werden könne. "Wo wir Forschenden am Ende sind, da fängt die Arbeit für Kirche und Gesellschaft erst an."

Über dieses Thema berichten wir am 13.06.2022 im WDR Fernsehen in der Lokalzeit Münsterland sowie im Radio auf WDR 2 und WDR 5.