WDR-Stadtgespräch aus Paderborn: Wie kann die katholische Kirche Vertrauen zurückerobern?

Stand: 28.04.2022, 23:08 Uhr

Die Kirche ist und war für viele Menschen Heimat. Und die Kirche, auch das Erzbistum Paderborn, hat viel aufzuholen. Das ist beim WDR5-Stadtgespräch in Paderborn deutlich geworden.

Wie kann die katholische Kirche Vertrauen zurück gewinnen?, fragt Moderatorin Judith Schulte-Loh. Ein Wunsch vieler Menschen: Hört zu. Und handelt endlich. Wichtig in der Debatte seien die Themen des Synodalen Wegs, so WDR-Religionsexperte Theo Dierkes.

Betroffene wünschen sich, dass ihnen geglaubt wird

Das bestimmende Thema im Stadtgespräch aus Paderborn: Die Missbrauchsfälle im Erzbistum Paderborn. Reinhold Harnisch war einer der Betroffenen, die sich im Rahmen des Stadtgesprächs geäußert haben. Er hat als Kind sexualisierte Gewalt durch Mitglieder der Kirche erfahren. „Es ist unerträglich für mich, wie die Kirche damit umgeht“, erklärte er.

Er ist Sprecher der Betroffenenvertretung und will denjenigen eine Stimme geben, die nicht genug Kraft haben. Und obwohl es diese Stelle inzwischen im Erzbistum gibt, sagt er, zu wenig werde mit den Opfern gesprochen, zu viel über sie.

Im Stadtgespräch übernimmt Monsignore Dr. Michael Bredeck die Stimme des Erzbistums. Er ist Domvikar in Paderborn und seit bereits 10 Jahren Berater der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz. Und auch er kann viele Fragen nicht beantworten.

Aber nachdem das Publikum seine Kritik und Sorgen äußert, sagt er: „Mich machen diese Äußerungen traurig. Aber diese Äußerungen stehen für viele Menschen.“

Mehr handeln, weniger warten

Eine weitere Betroffene äußert sich, in ihrer Stimme schwingen Wut und Trauer mit. „In mir ist Trauer. Ich war in der Kirche zuhause und ich habe den Boden verloren“, erklärt sie. In Gesprächen, die sie gesucht hat, hätten Geistliche einfach nicht verstanden, was so ein Trauma überhaupt bedeutet.

Auf das Hören muss das Handeln folgen. Wir hören schon seit Langem, das Handeln ist in einigen Fällen noch zu zögerlich“, äußert sich Nadine Mersch auf dem Podium. Sie ist die Vorsitzende der Laienvertretung der katholischen Kirche im Erzbistum Paderborn.

Missbrauchsstudie: Verantwortliche haben weggeguckt

Das, was die Betroffenen schildern, unterstreicht auch eine Studie der Universität Paderborn, die die Missbrauchsfälle im Erzbistum Paderborn untersucht. Bislang wurden 160 Beschuldigte identifiziert. Eine der Studienmacherinnen, Prof. Dr. Nicole Priesching erklärt: „Was alle Akten verschweigen, ist die Perspektive der Betroffenen.

Nichts sei geschwärzt, aber das Alter stehe nicht dabei. Und aus ihrer Sicht sei kein Wille erkennbar, mit den Betroffenen zu sprechen. Die Studie, so Prof. Nicole Priesching, müsse dringend auch die Perspektive der Betroffenen beleuchten.

Warum schweigt der Paderborns Erzbischof?

Warum äußert sich Paderborn Erzbischof Becker so schweigsam zu den Geschehnissen? Nach einer ersten Zwischenbilanz der Studie zu Missbrauchsfällen ließ das Erzbistum diese „bewusst unkommentiert“.

Nadine Mersch versteht das ganz persönlich nicht: „Vielleicht gibt es dafür Gründe. Aber ich kann es nicht wirklich verstehen.“ Sie glaubt trotzdem, dass es Gesprächsbereitschaft im Erzbistum Paderborn gibt.

Monsignore Bredeck räumt ein, man müsse noch viel lernen. Alleine klappt die Aufarbeitung nicht, aber genau deswegen habe man sich externe Hilfe dazu geholt.

Was muss Kirche jetzt machen?

Die Kirche muss für die Menschen da sein“, das ist das Fazit von Nadine Mersch. Für sie steht die Kirche für Hoffnung. Auch WDR-Religionsexperte Dierkes glaubt, dass es bereits einen Umschwung gibt.

Die Reaktionen anderer Länder auf den Synodalen Weg der katholischen Kirche sei ein Zeichen dafür. Von sehr erzkonservativer Seite gebe es Briefe, die diesen Weg ablehnen. Daraus schließt Dierkes: „Da passiert gerade was Wichtiges.