Podium beim WDR-Stadtgespräch in Arnsberg

Wenn der Stromschalter umgelegt wird: Wie reagiert der Mittelstand?

Stand: 28.10.2022, 14:31 Uhr

Industrie und Handwerk haben große Zukunftssorgen. Die Preisexplosion könnte gerade kleinere Firmen in die Insolvenz treiben. Das wurde beim WDR5-Stadtgespräch in Arnsberg deutlich.

Von Alexa Schröder

Elisabeth Vielhabers Arbeitstag beginnt in der Nacht. Die Bäckermeisterin leitet einen Familienbetrieb mit 27 Bäckereifilialen im Sauerland. Dass sich der Druck erhöht, spürt die Geschäftsfrau schon seit Monaten. Die Stromrechnung für ihre Backstube in Sundern-Stockum hat sich fast verfünffacht.

"Früher haben wir 16.000 Euro für Energie pro Monat ausgegeben, jetzt liegen wir bei 77.000. Zum Glück konnten wir durch viele Maßnahmen bis zu 22 Prozent an Strom und Gas einsparen", berichtet Elisabeth Vielhaber.

Stadtgespräch Arnsberg: Wenn die Lichter ausgehen

WDR 5 Stadtgespräch 27.10.2022 55:57 Min. Verfügbar bis 26.10.2025 WDR 5


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Elisabeth Vielhaber

Elisabeth Vielhaber

Die Bäckermeisterin hat sich früh Gedanken gemacht, wo sie noch Energie sparen kann. Außerdem haben sie und ihre Mitarbeiter Rituale entwickelt. Die sollen helfen, die positive Grundeinstellung nicht zu verlieren, erzählt die Geschäftsfrau am Donnerstagabend beim WDR5-Stadtgespräch in Arnsberg.

Können Rechnungen noch bezahlt werden?

"Langfristig lassen sich davon aber die Rechnungen auch nicht bezahlen", sagt Elisabeth Vielhaber. Sie und ihr Team wollen der Krise aber auch nicht ganz machtlos gegenüberstehen.

Die Moderatoren des WDR-Stadtgesprächs in Arnsberg vor dem Publikum

Matthias Bongard (l.) und Patrick Feldmann moderierten das Stadtgespräch

Volker Schulte, Geschäftsleiter der Firma Olsberg, einem großen Metallgussunternehmen, stimmt zu. "Wir leben noch mit einem recht günstigen Stromvertrag, der aber Anfang 2023 nicht mehr da sein wird. Uns bleibt nichts anderes übrig, als die Kosten auf unsere Kunden umzuwälzen."

Die Kosten auf Kunden umzulegen, werde eine Maßnahme sein, um die viele mittelständische Unternehmen nicht herumkommen, so Volker Schultes Befürchtung. Kurzfristig sei das tragbar, langfristig allerdings könnten so auch gesunde Unternehmen in Schieflage geraten.

Kosten müssen gedeckelt werden

Deshalb sei es umso wichtiger, dass die bereits vom Bundestag beschlossene Gas- und Strompreisbremse schnellstmöglich umgesetzt werde, so Dirk Wiese, SPD-Bundestagsabgeordneter für den Hochsauerlandkreis.

Dirk Wiese

Dirk Wiese

"Das ist eine Situation, die absolut gefährdend ist für den Industriestandort in dieser Region, für viele kleine Handwerksbetriebe, die vor Ort sind. Wir müssen jetzt in Berlin sehr schnell diese 200 Milliarden Euro, die wir im Bundestag beschlossen haben, in die Fläche bringen", betont Wiese.

Um wettbewerbsfähig zu bleiben, haben sich viele Unternehmen bereits eigene Gedanken gemacht und Maßnahmen ergriffen. Der Fleischwarenhersteller Metten in Finnentrop beispielsweise hat über 300.000 Euro in einen "Fuel Switch" mit bipolaren Brennern investiert.

Tobias Metten

Tobias Metten

"Wir nutzen Gas als Energiequelle. Sollte das aber zum Problem werden, können wir auf das gute alte Heizöl umschalten, um weiter produzieren zu können, auch wenn uns dabei nicht ganz wohl ist", erzählt Inhaber Tobias Metten.

Generell hoffen viele mittelständische Unternehmer aus Südwestfalen auf schnelle und langfristige Lösungen. Mehr Geld für Energie auszugeben, weil es in der Krise nicht anders geht, sei akzeptabel. Man müsse aber Grenzen ziehen, heißt es beim Stadtgespräch in Arnsberg.

Folgen für Mittelständler nicht absehbar

Podium beim WDR-Stadtgespräch in Arnsberg

Viel Interesse am WDR-Stadtgespräch

Die gesunde Struktur des Mittelstandes darf nicht gefährdet werden, sagt Hendrik Schmitt, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Südwestfalen.

Schmitt befürchtet: "Erfolg wird ein bisschen zur Lotterie. Es hat nicht mehr nur was mit der Leistung des Unternehmens zu tun, sondern, ob man einen guten oder einen schlechten Energiepreis bekommt. Das darf nicht sein. Da brauchen wir schnelle Lösungen."