500. Paderborner Libori-Kirmes

Schausteller in OWL in der Krise

Stand: 26.09.2022, 08:59 Uhr

Die Schausteller in Ostwestfalen-Lippe kämpfen mit finanziellen Problemen. Gründe: Die Folgen der Corona-Pandemie und die aktuelle Inflation. Einige mussten ihr Geschäft aufgeben.

Viele Schausteller in Ostwestfalen-Lippe haben schon Konsequenzen aus der Corona-Zeit und der aktuellen Inflationskrise ziehen müssen. Sie arbeiten insgesamt weniger, einige geben ihr Geschäft sogar ganz auf. Und das, obwohl die Besucher auf Jahrmärkten in Kauf- und Feierlaune sind und die Einnahmen sprudeln.

Früher jede Kirmes mitgenommen

„Früher haben wir Schausteller uns um die besten Plätze gekloppt“, sagt Adolf Steuer aus Lemgo, der mehrere Karussells betreibt. Heute bekämen sie von Veranstaltern teilweise extra Geld geboten, damit sie überhaupt kommen.

Hans-Otto Bröckling vom Schaustellerverein in Paderborn bestätigt das. Er habe früher jede Kirmes mitgenommen. Jetzt wählt er bewusst aus und fährt nur noch zwei Märkte statt bisher vier Märkte pro Monat an.

Kaum Personal zu finden

Das Hauptproblem: Die Schausteller finden kaum noch Personal für den Auf- und Abbau von Fahrgeschäften. „Wo sind die ganzen Leute hin?!“, fragt sich Bröckling verzweifelt. Er selbst habe auf der Libori-Kirmes in Paderborn mal einen Bettler als Helfer für den Aufbau angeheuert, weil sich kurzfristig niemand anders fand.

Entweder Leineweber oder Pfingstkirmes

Große Karussellbetreiber haben wegen des Personalmangels Schwierigkeiten direkte Anschlussmärkte zu besuchen.

Autoscooter mit mehreren Fahrzeugen

Mit ihren zahlreichen Fahrgeschäften sind die Gebrüder Schneider heute auf fast allen großen deutschen Volksfesten vertreten.

Willi Parpalioni, Vorsitzender des Schaustellervereins in Herford, gibt ein Beispiel: „Ich kenne einen Achterbahnbesitzer, der sonst immer vom Leineweber-Markt in Bielefeld direkt zur Pfingstkirmes in Gütersloh gefahren ist. In diesem Jahr musste er sich entscheiden. Beides ging nicht. Er hat dann nur den Leineweber gemacht.“

Kleine Schützenfeste sterben aus

Kleine Märkte trifft es noch härter, denn sie rentieren sich für Schausteller wegen der allgemein gestiegenen Grundkosten kaum noch. Parpalioni: „Manch ein Schützenverein bemüht sich erfolglos um einen Autoscooter oder ein Karussell, egal wie viel Geld geboten wird.“

Es lohne den Aufwand einfach nicht mehr. Er prognostiziert, dass kleine Schützenfeste über kurz oder lang aussterben könnten.

Ausgedünnte Schausteller-Branche

Vor allem ältere Betreiber geben ihr Geschäft sogar auf. Die Gründe sind vielschichtig: Weil sich keine Nachfolger finden, weil die Anlagen zu alt und damit unrentabel geworden sind, oder weil schlicht in der Pandemie der TÜV fürs Fahrgeschäft abgelaufen ist.

Schausteller Adolf Steuer aus Lemgo schätzt, dass die Branche im kommenden Jahr um bis zu 20 Prozent ausgedünnt sein wird.

Federführend beim Energiesparen

Die aktuelle Energiekrise hat dagegen nur wenig Einfluss auf das Wirtschaften der Schausteller. Sparsame LED-Beleuchtung ist schon lange Standard und Imbissbuden-Betreiber befeuern ihre Grills mit Holzkohle oder Propangas, einem Abfallprodukt aus der Erdgasproduktion.

Sorge bereitet den Schaustellern eher das kommende Jahr. Hans-Otto Bröckling aus Paderborn formuliert es so: „In diesem Jahr wollen die Leute raus und was erleben. Künftig wird unsere Kundschaft aber sparen müssen.“

Über dieses Thema berichtet die Lokalzeit OWL im Radio auf WDR2.