Frauenkrankheit Endometriose
04:05 Min.. Verfügbar bis 25.03.2023.
Endometriose - die große Unbekannte
Stand: 30.03.2022, 09:38 Uhr
Schmerzen im Unterbauch, Brechreiz, Ohnmacht – Endometriose kann sehr schmerzhaft sein, wird aber oft als normale Regelschmerzen abgetan. Vom Auftreten der ersten Symptome bis zur endgültigen Diagnose vergehen nicht selten bis zu 10 Jahre. Jahre, in denen die Frauen oft unerträgliche Schmerzen ertragen. So auch Jennifer Becker aus dem Kreis Olpe. Sie hat erst vor einem Jahr die Diagnose Endometriose erhalten. Obwohl sie glücklich ist, endlich den Grund für die Schmerzen zu kennen, ist da auch Enttäuschung. Denn das, was Jennifer und viele Endometriose Patientinnen leider immer noch erleben - sie und ihre Schmerzen werden oft nicht ernst genommen.
WDR: Wie erging es Ihnen in den Jahren vor der Diagnose?
Jennifer Becker: Ich bin regelmäßig zum Arzt gegangen, zur Vorsorgeuntersuchung oder wenn ich auch Beschwerden hatte. Es wurde immer gesagt, dass alles in Ordnung sei. Schmerzen bei der Periode - das ist normal. Das war der Standardsatz. Ich habe mich hilflos gefühlt. Ich hatte immer wieder sehr starke Schmerzen, so stark, dass ich mich teilweise übergeben musste. Die Schmerzen machen einen nicht nur körperlich kaputt, es macht auch etwas mit der Psyche - das Gefühl, das man nicht ernstgenommen wird, ist schrecklich. Am Ende habe ich mir wirklich gedacht, ich bilde mir die Schmerzen und Symptome einfach nur ein.
Endometriose
Hierbei siedelt sich Gewebe der Gebärmutterschleimhaut außerhalb der Gebärmutterhöhle an. Zum Beispiel an Eierstöcken, an Eileiter, am Darm, an der Blase oder am Bauchfell. Diese Endometrioseherde wachsen während des Monatszyklus mit. Typische Symptome sind krampfartige Unterleibsschmerzen, starke Menstruationsbeschwerden und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr. Die Schmerzen treten vermehrt während der Periode auf, möglicherweise auch außerhalb. Oft werden sie begleitet von Infektionskrankheiten wie Blasen- oder Nierenbeckenentzündungen. Für manche Frauen führt Endometriose zur ungewollten Kinderlosigkeit. Etwa sechs bis zehn Prozent aller Frauen leiden an der Erkrankung.
WDR: 2018 sind sie schwanger geworden. Die Schmerzen blieben aus. Doch nicht lange. Was passierte dann?
Becker: Knapp sechs Monate nach der Geburt kamen die Schmerzen wieder. Innerlich fühlte es sich an wie Verbrennungen oder Zerreißen. Das hatte ich vorher nicht. Ich hatte zwar Beschwerden und Schmerzen, aber in diesem Ausmaß nicht. Ich bin dann zum Frauenarzt gegangen und dort wurde erstmals die Vermutung geäußert, dass es Endometriose sein kann. Danach ging alles ganz schnell. Ich kam ins Jung-Stilling Krankenhaus nach Siegen und wurde kurze Zeit später operiert.
WDR: Was kam dabei raus?

Endometriose bildet sich im Unterleib
Becker: Die Endometriose hatte in all den Jahren viele Organe befallen. Unter anderem Teile meines Darms und sogar die frische Kaiserschnittnarbe. Daher auch die unerträglichen Schmerzen. Glücklicherweise konnte Dr. Fadi Mohammad es noch rechtzeitig verhindern, dass mir ein künstlicher Darmausgang gelegt werden musste. Ich war glücklich, aber auch geschockt, denn mir war nicht bewusst, dass sich die Krankheit so ausbreiten kann.
WDR: Wie geht es Ihnen heute - ein Jahr nach dem Eingriff?
Becker: Mir geht es sehr gut. Ich habe direkt nach der Operation eine Hormontherapie gestartet. Seitdem lebe ich beschwerdefrei. Jedoch weiß ich heute auch, dass Endometriose nicht heilbar ist. Auch eine Schwangerschaft oder die Wechseljahre können die Endometriose nicht lang anhaltend bekämpfen. Endometriose ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Der Grad der Endometriose sagt nichts über die Beschwerden aus. Kleine Endometrioseherde können sehr große Schmerzen verursachen, genauso wie große Herde oft auf jahrelang unerkannt bleiben. Wichtig ist, auf sich und seinen Körper zu hören und bei ungewöhnlichen Schmerzen sofort einen Arzt aufzusuchen.
WDR: Jede zehnte Frau ist von Endometriose befallen. Und doch ist es immer noch ein Tabuthema. Was muss sich ändern?
Becker: Wir müssen einfach viel mehr über Endometriose reden. Seitdem ich weiß, was Endometriose ist, nutze ich wirklich jeden Weg, um auf diese Krankheit aufmerksam zu machen. Sei es über Social Media, Freunde oder Bekannte. Ich finde einfach, man kann nicht genug darüber sprechen, denn diese Krankheit ist so weit verbreitet und es gibt so viele Frauen da draußen, die bis jetzt noch keine Diagnose haben, weil es heute immer noch so lange dauert, bis es zur Diagnose kommt. Es ist einfach wichtig, darüber zu sprechen, es sollte kein Tabuthema sein und ich kann immer wieder nur jedem raten, hört auf euren Körper, nehmt Schmerzen ernst.
Das Interview führte Elisabeth Konstantinidis.
Über dieses Thema berichtet das WDR Fernsehen in der Lokalzeit Südwestfalen am 30.03.2022.