LKW stehen nebeneinander auf einem Rasthof

Osteuropäische Zuwanderung in OWL: "Kehrseite unseres Wohlstands"

Stand: 16.09.2022, 19:38 Uhr

OWL ist ein attraktiver Wirtschaftsstandort, aber auch ein Hotspot prekärer Beschäftigung. Zukünftig sollen die Arbeiter - meistens aus Osteuropa - besser integriert werden. Wie? Das war Thema in Herford.

Die Bilder der Werkvertragsarbeiter in der Fleischindustrie haben viele noch vor Augen. Inzwischen verlagert sich das Problem der prekären Beschäftigung aber auch auf andere Branchen. So arbeiten - und leben - Lkw-Fahrer aus dem Baltikum oder Bulgarien Monate lang in ihrem Führerhaus, viele von ihnen für einen Hungerlohn. Auch aus der Erntebranche ist das Thema lange bekannt.

Experten von Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaften, Wirtschaft und Politik diskutierten am Freitag in Herford mit Vertretern der betroffenen Branchen. Die Kernfrage über allem: Wer bleibt von den Zuwanderern in OWL - und wer bleibt auf der Strecke?

Einer der Hauptverantwortlichen ist Volker Brüggenjürgen, Vorstand des Caritasverbands Gütersloh. Er zeigte sich nach der Veranstaltung vollends zufrieden: "Ich fand es heute außergewöhnlich erfolgreich. Weil ich zum einen wahrgenommen habe, dass ein großes Interesse an dem Thema Integration besteht und ich zum anderen einen Wandel im Denken gesehen habe."

Spediteure wünschen sich mehr Kontrollen

Die Zuwanderung aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion sowie Ost- und Südosteuropa bringt vielfältige Herausforderungen mit sich - für die Wirtschaft und auch für die Gesellschaft. So ging es bei der ganztägigen Fachveranstaltung um die Wohn- und Lebenssituation der Arbeiter, natürlich um die Arbeitssituation, aber auch um die Unternehmen, die sich einem unfairen Wettbewerb ausgesetzt sehen.

Ein Beispiel: Laut Gesetz müssten ausländische Lkw-Fahrer spätestens nach vier Wochen nach Hause zurückkehren. Das aber wird wenig überwacht. Der zuständigen Bundesbehörde fehlt das Personal. Spediteur Horst Kottmeyer hat hier klare Forderungen: "Diese Kontrollen müssten auch am Sonntag erfolgen. Und wir - als Unternehmer - fordern mittlerweile mehr Kontrollen. Wo wir früher immer gesagt haben, die Kontrolle ist das schlimmste, das uns passieren kann."

Die Schattenseiten von Arbeitsmigration

Brüggenjürgen sagt, dass das Treffen ein Meilenstein gewesen sei. Endlich seien in den Diskussionen auch die Schattenseiten von Arbeitsmigration gesehen worden. "Es ist nicht okay, diese Menschen so schlecht zu behandeln. Das ist die Kehrseite unseres Wohlstands."

Der Vorstand des Caritasverbands möchte das Format gerne wiederholen. Dass branchenübergreifend und OWL-weit zusammengearbeitet wird, ist neu und unterstützenswert, so Brüggenjürgen. "Zum Schluss konnte man seine Visitenkarte in einen Topf werfen und der Topf war am Ende voll."