Symbolbild: Windpark bei Heinsberg

Windkraft ohne Bürgerprotest - so geht's

Stand: 14.04.2022, 05:59 Uhr

Lichtenau und Coesfeld betreiben Bürgerwindparks. Die Bewohner der Städte können an der Windenergie mitverdienen - auch deswegen klagt dort niemand gegen die Windräder.

Von Dominik Braun

Es gibt Dinge, die gehören einfach zusammen: Kino und Popcorn zum Beispiel, die Currywurst und das Ruhrgebiet oder Windräder und Leute, die dagegen klagen. Aber das muss nicht immer so sein. Zwei Städte in NRW sind Vorbild in Sachen Bürgerbeteiligung bei Windenergie.

Bürgerbeteiligung

Ute Dülfer

Ute Dülfer, Bürgermeisterin Lichtenau

Gut 200 Windräder stehen bei Lichtenau in Ostwestfalen-Lippe. Das gefällt nicht allen, und es gab sogar Demonstrationen gegen die Windenergie. Dennoch ist am Ende keine der Beschwerden vor Gericht verhandelt worden. "Bei jeder Klage haben wir das Gespräch gesucht und immer eine Lösung gefunden", sagt Ute Dülfer, die Bürgermeisterin von Lichtenau.

Auch im münsterländischen Coesfeld gibt es Menschen, die die Windräder ungern sehen. Aber auch von denen hat niemand geklagt. Die Menschen von Anfang an in den Prozess einzubeziehen und ihre Sorgen ernst zu nehmen, das sei wichtig, sagt die Bürgermeisterin von Coesfeld, Eliza Diekmann.

Gewinnbeteiligung

Neben der frühen Beteiligung der Bevölkerung gibt es auch finanzielle Anreize, den Windpark vor der eigenen Haustür gut zu finden. In beiden Kommunen sind Bewohner auch Anteilseigner der Windräder, finanzieren die Projekte mit.

Am neuen Windpark Letter Bruch in Coesfeld haben sich mehrere hundert Bürger der Stadt mit eigenem Geld beteiligt und bekommen dafür mindestens fünf Prozent Zinsen im Jahr.

Bürgerstiftung aus Windpark-Einnahmen

Aber auch Einwohner, die kein Geld investiert haben, profitieren. In beiden Städten gibt es eine Bürgerstiftung, die Geld aus den Einnahmen der Windparks an kulturelle und soziale Projekte verteilt. Bei den Stiftungen können Vereine und engagierte Einzelpersonen Förderanträge stellen.

In Lichtenau wurden damit unter anderem schon ein Klettergerüst, Instrumente für den Spielmannszug und mehrere Naturschutzprojekte finanziert.

Lösungen für die Windkraft

Quarks 31.03.2022 06:25 Min. Verfügbar bis 31.03.2027 WDR Von Herbert Ostwald

Mehr Windenergie als Eigenbedarf

Lichtenau erzeugt mittlerweile neunmal mehr Strom als es selbst verbraucht. Durch die hohe Stromproduktion des Ortes kommt sogar der ganze Kreis Paderborn auf eine grüne Bilanz. Pro Jahr werden 50 Prozent mehr Strom aus Wind erzeugt als der Kreis selbst verbraucht.

Auch in Coesfeld erzeugen die Windräder auf ein Jahr gesehen mehr Strom, als die Einwohner verbrauchen. An Tagen, an denen die Windräder überschüssigen Strom erzeugen, fließt die zusätzliche Energie ins Stromnetz.

Bald auch grüner Wasserstoff

Trotzdem kommt es manchmal vor, dass die Windräder sich nicht drehen, obwohl es windig ist. Bei viel Wind müssen in Deutschland immer wieder Windparks vom Netz gehen, damit das Stromnetz nicht überlastet wird.

"Natürlich sieht hier niemand gerne die Windräder stillstehen", sagt Eliza Diekmann und hat bereits einen Plan. In Coesfeld sollen bald Elektrolyseure angeschafft werden. Damit könnte überschüssiger Strom in Wasserstoff umgewandelt und gespeichert werden. So können sich die Windräder auch bei voller Auslastung des Stromnetzes noch weiterdrehen.