Missbrauch: Schon früher Spur zum mutmaßlichen Täter von Wermelskirchen

Stand: 24.06.2022, 12:39 Uhr

Der Hauptbeschuldigte aus Wermelskirchen im Fall sexualisierter Gewalt hätte möglicherweise früher festgenommen werden können. NRW-Innenminister Reul vermutet, dass es am Datenschutz gescheitert ist.

Schon länger ist klar: Der Hauptverdächtige im Fall Wermelskirchen und der Haupttäter im Missbrauchskomplex Münster hatten Kontakt. Es sollen grausame Videos existieren, in denen der Wermelskirchener dem Münsteraner bei Missbrauchshandlungen zuschaut, ihm Anweisungen gibt. Jetzt wird klar: Diese Verbindung hätte schon viel früher auffliegen können.

Das NRW-Innenministerium bestätigt dem WDR: Schon bei den Ermittlungen in Münster gab es Hinweise. In Chats beim Messenger-Dienst "Wire" tauchte der Spitzname auf, den der Wermelskirchener Verdächtige im Internet benutzte. Doch die Polizei wusste nicht, wer sich hinter dem Namen verbarg.

Die Behörden fragten dann laut eigener Aussage beim "Wire"-Betreiber an, der in der Schweiz sitzt. Aber: Das Unternehmen soll die gewünschten Informationen nicht geliefert haben.

Reul sieht Fragen beim Datenschutz

Warum hat es das nicht getan? "Das ermitteln wir gerade", sagt NRW-Innenminister Herbert Reul der "Rheinischen Post". "Bisher wissen wir nur, dass unsere Ermittler damals ab einem gewissen Punkt nicht weitergekommen sind". Reul hat aber einen Verdacht: "Hier ging es auch um Fragen, die den Datenschutz und eine fehlende Identifikationspflicht im Netz betreffen."

Messenger-Dienst: Anfragen der Polizei uneindeutig

"Wire" widerspricht: Zumindest eine Mailadresse oder eine Telefonnummer habe man von den Usern gespeichert und würde diese - wenn tatsächlich strafrechtlich ermittelt wird - natürlich auch an die Behörden weitergeben. Tatsächlich seien die Anfragen der Polizei aber zum Teil uneindeutig oder fehlerhaft gewesen - entsprechende Nachfragen hätten die Ermittler nicht beantwortet. So sei es in einigen Fällen nicht eindeutig gewesen, auf welchen User sich die Anfrage tatsächlich überhaupt bezog.

Reul fordert mehr Spielraum für Sicherheitsbehörden

Was tatsächlich der Hintergrund war, soll nun ermittelt werden. Wenn sich bestätigen, dass Datenschutzgründe damals die Identifikation des 44-Jährigen verhinderten, würde das Herbert Reul aber ein weiteres Argument liefern: Er hatte nach Bekanntwerden der neuen Fälle von sexualisierter Gewalt und Kinderpornographie mehr Spielraum für die Behörden bei der Strafverfolgung gefordert.

Es brauche eine Diskussion darüber, in wie weit der Datenschutz aufgeweicht werden müsste, damit die Polizei Täter online leichter ermitteln kann, meint der NRW-Innenminister. Die aktuellen Regeln stünden den Ermittlern oft im Weg und verhinderten, dass Verbrechen im Internet aufgeklärt würden.

Über dieses Thema berichtete am 04.06. unter anderem "Der Tag um zwölf" bei WDR 5.