Muslimische Gefangene beten in einer JVA

Kaum Gefängnis-Seelsorge für Muslime

Stand: 14.01.2019, 19:57 Uhr

  • Wichtig für Gefängnisinsassen: Seelsorge
  • Deutlich weniger muslimische Seelsorger in NRW-Gefängnissen
  • Von einst 114 Imamen in Haftanstalten nur noch 25 übrig

Wenn Sami Elias einmal im Monat zum muslimischen Freitagsgebet in der JVA Bielefeld-Senne fährt, ist alles anders als sonst in der Moschee: Streng wird 65-jährige Imam am Einlass kontrolliert, bevor ihn ein Mitarbeiter der Haftanstalt an der Pforte abholt. In einem improvisierten Gebetsraum erwarten ihn muslimische Häftlinge.

Manche Anstalten ganz ohne muslimische Seelsorge

Religiöse Betreuung ist für viele Gefängnisinsassen wichtig. Doch für muslimische Insassen sieht es derzeit mau aus. In einigen Haftanstalten des Landes fällt die muslimische Seelsorge sogar ganz aus - so beispielsweise in Rheinbach und Siegburg. Denn von den einst 114 Gefängnis-Imamen in NRW sind nach Angaben des NRW-Justizministerium nur noch 25 übriggeblieben.

Dabei ist der Bedarf riesig. Vor allem auch, weil Imame helfen sollen, eine mögliche Radikalisierung muslimischer Häftlinge zu verhindern.

Das Problem: Seit 2016 ist für Gefängnis-Seelsorger - egal welcher Glaubensrichtung - eine Sicherheitsüberprüfung durch den Verfassungsschutz vorgeschrieben. Nach Auskunft des türkischen Generalkonsulats waren bis dahin die meisten der in Haftanstalten tätigen Imame türkische Staatsbeamte, die vom türkischen Generalkonsulat entsandt und bezahlt wurden. 97 der ehemals 114 Gefängnis-Imame kamen von der türkisch-islamischen Union Ditib, so die Auskunft des NRW-Justizministeriums.

Türkisches Konsulat lehnt Überprüfung ab

Nach Einführung der Prüfung ging die Zahl der Gefängnis-Imame drastisch zurück. Denn das Konsulat lehnt eine Überprüfung durch den deutschen Staat ab. Auf WDR-Anfrage heißt es dazu: "Die Forderung, dass sich diese Mitarbeiter einer erneuten Sicherheitsprüfung unterziehen sollen, empfinden wir als unangemessen und falsch."

Das Landesjustizministerium will dagegen nicht von der Prüfungs-Praxis abweichen: "Wer sich nicht vom Verfassungsschutz durchleuchten lassen will, für den  öffnet sich bei uns keine JVA-Tür", erklärte Justizminister Peter Biesenbach (CDU). Ziel müsse sein, "mittelfristig eine religiöse Betreuung und JVA-Seelsorge außerhalb des türkischen Staates zu organisieren".

Seelsorge wichtig gegen Radikalisierung

Auch Sami Elias, der eigentlich Mediziner ist und für die Seelsorge in der JVA extra seine Praxis schließt, musste im Vorfeld viele Angaben zu sich und seinen zahlreichen Verwandten machen, die teils in Libyen leben. Das Gespräch mit den Häftlingen, sagt er, sei immens wichtig: Nur so könne man Menschen, die bereits radikal seien, "aus diesem Kreis herausholen".

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