Volle Freibäder in NRW: Wie sicher ist das Baden?

Stand: 20.06.2022, 13:26 Uhr

Bei Temperaturen weit über 30 Grad waren die Freibäder in NRW am Wochenende voll. Doch wie sicher ist das Baden angesichts Überfüllung, fehlenden Personals, vieler Schwimmanfänger und Corona?

Von Claudia Wiggenbröker

Am Montag legt der Sommer eine Pause ein - allerdings nur eine kurze. Schon am Dienstag kann es in NRW laut den WDR-Wetterexperten wieder bis zu 26 Grad warm werden, am Mittwoch und Donnerstag bis zu 30 Grad. Es wird also Freibad-Wetter. Schon vergangenes Wochenende, insbesondere am heißen Samstag, haben viele Menschen aus NRW nach einer Abkühlung gesucht.

Doch immer wieder endet der Badespaß tödlich. Das höchste Risiko besteht an unbewachten Seen und Flüssen. Doch auch in Schwimmbädern ertranken in Deutschland 2021 laut DLRG sieben Menschen. Am Samstag erst verunglückte in NRW ein 18-Jähriger tödlich in einem Strandbad in Hürth. Wird es gefährlicher, wenn es voll wird? Fragen und Antworten:

Wie voll werden die Freibäder? Gibt es keine Besucherbegrenzungen mehr, die während der Pandemie entstanden sind?

Vor dem Stadionbad in Köln beispielsweise haben sich am Wochenende lange Schlangen gebildet. Auch das Strandbad Lörick in Düsseldorf meldete eine hohe Auslastung. In Bochum entschieden die Betreiber, die Öffnungszeiten der Freibäder wegen des hohen Andrangs bis in die Abendstunden zu verlängern.

Im vergangenen Jahr hatte es wegen Corona noch Begrenzungen für Besucherzahlen gegeben. Manche Bäder in NRW verhängen auch jetzt noch Einlasstopps, wenn es zu voll wird. Das Freizeitbad Calevornia in Leverkusen zum Beispiel. Wegen Überfüllung wurden dort am Samstagmittag vorübergehend keine Badegäste mehr eingelassen. Das Freibad Langenfeld stoppte den Ticketverkauf am Kassenautomaten, um die Besucherzahlen zu regulieren.

Mathias Pille, Leiter Terassenfreibad Frechen

Mathias Pille

Der Leiter des Terrassenfreibads Frechen, Mathias Pille, rechnet damit, dass es die gesamte Saison voll werden könnte. "Man merkt, dass viele Leute über die langen Wochenenden im Moment nicht wegfahren - wegen der Preissteigerungen", sagte er dem WDR. In anderen Jahren hätten sich die Menschen für einen Ausflug ans Meer statt ins Freibad entschieden.

Wird es - gerade für Schwimmanfänger - gefährlich, wenn es im Freibad sehr voll ist?

Mathias Pille vom Terrassenfreibad Frechen rechnet mit einer "gefährlichen Saison". Denn in der Pandemie haben viele Kinder das Schwimmen nicht gelernt oder haben es nicht ausreichend üben können.

"Wir gehen davon aus, dass der Anteil der Nichtschwimmer oder schlechten Schwimmer erheblich größer geworden ist." Martin Holzhause

Diese Einschätzung teilt auch Martin Holzhause von der DLRG. "Wir gehen davon aus, dass der Anteil der Nichtschwimmer oder schlechten Schwimmer erheblich größer geworden ist." Dabei hatte es schon vor Corona gravierende Schwächen gegeben: Laut einer Forsa-Umfrage aus dem Jahr 2017 konnten fast 60 Prozent der 10-Jährigen nicht sicher schwimmen.

Das ist ein noch größeres Problem, wenn es in Bädern voll wird. "Je voller es ist, desto schwieriger ist es für das Personal, den Überblick zu behalten", so Holzhause. Er erinnert daran, dass Eltern ihre Aufsichtspflicht nicht an Bademeisterinnen und Rettungsschwimmer abtreten können.

Mathias Pille trifft in seinem Berufsalltag im Freibad immer wieder auf Eltern, die ihre Kinder unbeaufsichtigt planschen lassen. Oftmals tragen die Kleinen nicht einmal Schwimmflügel, weil sie diese unbemerkt ausziehen konnten. Auch Pille sieht mit Sorge auf den Besucherandrang. "Mit steigenden Besucherzahlen brauchen wir mehr Aufsicht." Doch die sei teils schwierig zu finden.

Es mangelt am Badepersonal. Bleiben Schwimmbäder zu, wenn zu wenig Aufsicht da ist?

Nicht erst seit diesem Jahr schlagen die NRW-Bäder Alarm: Es gibt zu wenig Personal. In manchen Orten in NRW ist die Situation so zugespitzt, dass Bäder gar nicht öffnen können oder Besuchszeiten reduziert haben. Essen beispielsweise startete ohne die Freibäder Oststadt und Kettwig in die Saison. In Rüttenscheid kann das Sportbecken nur sonntags genutzt werden - aufgrund des Personalmangels.

In Bielefeld fehlen dieses Jahr vor allem Rettungsschwimmerinnen und Rettungsschwimmer, die das Fachpersonal unterstützen. Auch sie konnten durch die Pandemie nicht so zahlreich ausgebildet werden wie in den vergangenen Jahren, sagt Martin Holzhause von der DLRG. Auch sei viel Personal in Zeiten von Corona und geschlossenen Bädern in andere Branchen gewechselt.

Wer vor den verschlossenen Türen eines Freibads steht, sollte allerdings nicht auf die Idee kommen, auf unbewachte Stellen auszuweichen. Jedes Jahr warnt die DLRG vor Badeausflügen an Flüsse oder Baggerseen. Trotzdem gibt es gerade dort immer wieder Unfälle. Auch am vergangenen Wochenende. Ein Mann wird seit dem Baden im Rhein vermisst.

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Wie hoch ist die Ansteckungsgefahr für Corona im Freibad?

Die Situation speziell im Freibad ist wissenschaftlich nicht eingehend untersucht. Generell gilt aber: "An der frischen Luft ist das Ansteckungsrisiko für Corona wesentlich geringer", sagt Julia Polke aus der WDR-Wissenschaftsredaktion. Wer besorgt ist, sollte an heißen Tagen den Besuch im Freibad, wo Handtuch an Handtuch liegt, trotzdem lieber vermeiden. Denn je mehr Menschen auf einem Fleck sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass einer davon infiziert ist. Und je weniger Platz es gibt, desto höher ist das Risiko, dass man einer infizierten Person nahe kommt.

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