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Paartherapeut: Warum der Valentinstag gar keine so schlechte Erfindung ist
Stand: 14.02.2022, 13:10 Uhr
Vom Phänomen Valentinstag profitiert vor allem die Wirtschaft - könnte man denken. Dabei sei der Tag ein guter Anlass, über die Liebe nachzudenken, sagt ein Paartherapeut. Gerade in der Pandemie ist das eine gute Idee.
Von Nina Magoley
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Valentinstag? Da winkt manch einer ab: Kitsch, Klischee, viel zu kommerzialisiert. Soll doch die Menschen nur zum Kaufen antreiben. Schenken als Verpflichtung, als angebliches Zeichen der Liebe - für einen Tag. Und ja, rote Herzchen können viele schon Tage vorher nicht mehr sehen.
Ein Tag, um über Liebe nachzudenken
Aber warum eigentlich nicht? "Immerhin denkt man an diesem Tag über Liebe nach", sagt Matthias Fuhrmeister, Paartherapeut in Düsseldorf. Und besonders nach zwei harten Pandemiejahren könne das in mancher Beziehung nicht schaden. "Durch Corona ist bei vielen Paaren etwas in Bewegung geraten", stellt er in seiner Praxis fest, "es geht mehr ans Eingemachte". Viele seien zwangsläufig mehr als vorher aufeinander bezogen. Homeoffice, Lockdown, weniger soziale Kontakte - dadurch sei der Kampf um den eigenen Freiraum, das eigene Selbst, bei vielen in den Vordergrund gerückt. Das hat Konfliktpotenzial.
Das Schöne nicht als selbstverständlich nehmen
Ohnehin, sagt Fuhrmeister, schauten wir Menschen grundsätzlich mehr auf das, was nicht gut läuft. "Wir verlieren dabei oft den Blick darauf, was eigentlich schön ist in der Beziehung, was gut läuft." Das nämlich nähmen viele als selbstverständlich hin, als Standard. "Was aber diesen Standard möglich macht, nimmt man oft nicht mehr wahr."
So ein Valentinstag sei da eine gute Gelegenheit, das mal zu tun, findet der Therapeut - trotz aller Kommerzialisierung. Kostspielige Geschenke seien dabei gar nicht nötig: "Man kann Blicke tauschen, die das Herz aufmachen", sagt er, man könne dem anderen etwas sagen, oder etwas tun, was ihm oder ihr gut tut. "Etwas Nettes zu sagen ist oft wertvoller als ein Brillantring." Aber natürlich, fügt er hinzu, "kann man das auch an anderen Tagen machen".
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Einfach mal Freunde herzen

Auch eine Idee: Nette Worte per Briefchen
Zwar verbinden die meisten den Valentinstag mit einer romantischen Paarbeziehung - aber im Grunde sei er generell eine gute Gelegenheit, einem anderen Menschen seine Zuneigung oder Wertschätzung zu zeigen, meint Fuhrmeister: Einem Freund oder einer Freundin ein Briefchen schreiben oder einfach etwas Nettes sagen.
"Türöffner" auch unter Geschwistern
In seiner Praxis hat er auch schon Geschwister beraten, die in einem schwierigen Verhältnis zueinander stecken. Mit einer gemeinsamen Geschichte, die oft 40, 50 Jahre alt ist, seien die Konflikte hier oft tief - und Hürden nicht leicht zu überwinden.
Auch in solchen Beziehungen könne ein nettes Wort, eine wohlwollende Geste "ein Türöffner" sein: "Einem anderen sagen, dass man ihn mag, ist nie verkehrt." Denn das falle vielen Menschen schwer - von der Paarbeziehung bis zum Arbeitsverhältnis. Lobende Worte für die Mitarbeiter kommen vielen Vorgesetzten kaum über die Lippen - obwohl sie buchstäblich nichts kosten und große Wirkung haben können.
Das sei oft eine Frage der Selbstwertschätzung, sagt Fuhrmeister. "Wer das bei sich nicht gut kann, dem fällt es auch bei anderen schwer." Einfach versuchen, lautet da das Motto. Das Abenteuer könnte am Valentinstag beginnen.