"Die Versammlung gibt den Staaten Empfehlungen zu internationalen Fragen innerhalb ihrer Zuständigkeit." Mit diesem Satz beschreiben die Vereinten Nationen selbst auf ihrer Webseite die Rolle der UN-Vollversammlung. Damit werden zugleich die Grenzen ihrer Beschlüsse deutlich.
Dort gefasste Resolutionen sind völkerrechtlich nicht bindend, sie sind Empfehlungen und haben vor allem symbolischen Charakter. Anders als Resolutionen des UN-Sicherheitsrates kann eine Nichtbeachtung nicht mit Sanktionen, Embargos oder gar militärischem Eingreifen bestraft werden.
Resolutionen haben symbolische Wirkung
Im Falle Russlands soll die Resolution der Vollversammlung vor allem den politischen bzw. diplomatischen Druck erhöhen. Bereits im vergangenen Herbst hatten 143 der 193 Mitgliedsstaaten die Annexionen Russlands in der Ukraine verurteilt. Die Unterstützer wollen deshalb am Donnerstag erneut so viele Staaten wie möglich für eine Zustimmung gewinnen.
"Dieses Votum hat in erster Linie symbolischen Wert. Es wird Russlands Sicht nicht beeinflussen. Ich glaube nicht, dass Putin in Moskau sitzt und sich um UN-Abstimmungen schert", sagt Richard Gowan vom Thinktank Crisis Group. Die Befürworter wollen vor allem eine möglichst klare, international breite Positionierung gegen das Vorgehen Russlands erreichen. Dafür wird auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock am Donnerstagabend vor der Vollversammlung werben.
Isolation Russlands bröckelt
Mehrfach hat ein Großteil der Staaten bereits Russlands Handeln verurteilt: Im vergangenen März, kurz nach Kriegsbeginn, waren es 141 Länder, nahezu genauso viele im vergangenen Oktober. Die Zahl der Skeptiker scheint inzwischen jedoch gewachsen zu sein: Viele Staaten etwa in Afrika spüren die negativen Folgen des Konflikts. Andere, wie etwa Brasilien oder China, fordern statt einer Verurteilung Russlands einen stärkeren Fokus auf Lösungsansätze.
Der Ukraine wiederum ist vor allem daran gelegen, Russland international weiter in die politischen Schranken zu weisen. "Wir sind heute mit einem Völkermord konfrontiert", mahnte der ukrainische Außenminister Kuleba deshalb mit drastischen Worten im Vorfeld der Versammlung. Er sprach von Deportationen und einer Umerziehung durch Russland und appellierte an die Werte in der UN-Charta, für die alle Befürworter der Resolution stehen würden.
Ex-Diplomat: UN-Einfluss ist größer als gedacht
Es gibt diplomatische Vertreter, die den Einfluss der Vereinten Nationen jedoch größer einschätzen, als nur rein symbolische Appelle zu beschließen. "In der Vollversammlung werden Pflöcke eingeschlagen, wie künftige Verhandlungen, die irgendwann kommen werden, aussehen müssen", sagt der frühere deutsche UN-Botschafter Hanns Heinrich Schumacher.
Die klaren Abstimmungsergebnisse der vergangenen Monate hätten eine politische Isolierung Russlands deutlich gemacht. Russland werde mit den Forderungen nach Souveränität und territorialer Integrität der Ukraine und einem umfassenden und gerechten Frieden konfrontiert. "Deswegen ist eine weitestgehende Geschlossenheit der Staatengemeinschaft besonders wichtig."