Die Gütersloh-Situation und der Krisenstolperer

Stand: 07.07.2020, 12:32 Uhr

Parteifreunde von Ministerpräsident Armin Laschet deuten den OVG-Beschluss zur Aufhebung der Corona-Auflagen im Kreis Gütersloh als Erfolg. Aber stimmt das? Eine Analyse.

Von Martin Teigeler

Laschet, der Lockerer. Laschet, der Lockdowner. Oder doch nicht? Ja, was denn nun? Das Krisenmanagement von Ministerpräsident Armin Laschet in der Corona-Pandemie steht unter Beobachtung - auch weil er CDU-Bundeschef (und womöglich Kanzlerkandidat) werden will.

Recht bekommen oder Niederlage?

Den neuen Anlass für Meinungskampf rund um Laschet lieferte ein OVG-Beschluss, den CDU-Parteifreunde als Bestätigung sehen und Gegner als Klatsche für Laschet.

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Das Oberverwaltungsgericht hatte die vom Land verfügten Einschränkungen am Montag (06.07.2020) gekippt. Das NRW-Gesundheitsministerium hätte nach dem Corona-Ausbruch bei der Fleischfirma Tönnies inzwischen eine differenziertere Regelung erlassen müssen, ein sogenannter "Lockdown" für den ganzen Kreis sei nicht mehr verhältnismäßig.

SPD-Politiker sprachen von einer Niederlage Laschets, der im Kreis Gütersloh nach anfänglichem Abwarten einen "Lockdown" (so das Wording der Landesregierung) verhängt hatte. Oppositionsführer Thomas Kutschaty (SPD) nahm die Gerichtsentscheidung zum Anlass, die Strategie der Regierung erneut zu kritisieren.

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Als Ober-Lockerer im Frühjahr gebrandmarkt, steht Laschet bei jedem neuen regionalen Ausbruch unter Druck. NRW hat zwar Schulen und Kitas noch vor den Ferien in den "eingeschränkten Regelbetrieb" entlassen – allerdings ohne diese Öffnung mit einer Strategie für Reihentests unter Lehrern und Erziehern abzusichern.

Auch in Pflegeheimen wird zwar nach regionalen Ausbrüchen großflächig getestet - aber regelmäßige Pool-Tests bei Bewohnern und Personal sind die Ausnahme.

Laschet versucht weiter, situativ zu reagieren und seine Entscheidungen aktuellen Entwicklungen anzupassen. Das folgt zwar den Gesetzen einer sich dynamisch entwickelnden Pandemie - widerspricht aber dem Handbuch für souveräne politische Kommunikation.  

Unklare Kommunikation

Was fehlt, ist eine Strategie, die mit klaren Aussagen erklärt wird. Ende Juni sagte Laschet zum Beispiel, bei neuen Corona-Hotspots müssten die Länder künftig gezielter und abgestimmter agieren als zu Beginn der Pandemie, "wo wir das ganze Land heruntergefahren haben". Auch hier mag der erste Teil des Satzes nachvollziehbar sein.

Der zweite Teil ist aber wieder unpräzise. Zu keinem Zeitpunkt wurde das ganze Land heruntergefahren. Auch im März und April fuhren zum Beispiel Millionen Beschäftigte weiter zur Arbeit - nämlich all jene, die sich nicht ins Homeoffice zurückziehen konnten.

Das Beispiel reiht sich ein in eine längere Liste von Laschet-Stolperern - von einem suboptimalen Talkshowauftritt bei Anne Will bis zum unfreiwilligen Bonmot von NRW als "Land der Küchenbauer". Die Coronakrise ist längst noch nicht vorbei - und jede Entscheidung und Wortwahl Laschets in den kommenden Wochen und Monaten wird auch über seine politische Zukunft mitentscheiden.

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