Lehre in Corona-Zeiten

Kleiner "Corona-Bonus" für Azubis

Stand: 26.01.2021, 06:00 Uhr

Im Januar laufen Abschlussprüfungen für einige Ausbildungsberufe. Azubis im Homeoffice - kann man sich auf den Abschluss vorbereiten? Und strömen dann Gesellen zweiter Klasse auf den Arbeitsmarkt?

Von Olaf Biernat

In den Prüfungsräumen der Kammern sitzen sie mit Maske und ausreichend Abstand – die Anwesenheit ist Pflicht. Jetzt zählt es für die Azubis – doch die hatten während Corona gar nicht alle Möglichkeiten, so zu lernen wie die Jahrgänge zuvor.

Hilfen für Prüflinge - aber keine Sonderpunkte

Im Einzelhandel zum Beispiel, denn da kommt es auf den Kontakt zu den Kunden an. Das ist im Lockdown nicht möglich. "Manche Dinge konnten vielleicht schlechter vermittelt werden als in den Vorjahren. Da muss man dem Prüfling ein bisschen helfen und wenn man das Corona-Bonus nennen möchte, bitte - ohne dass wir Sonderpunkte vergeben würden", sagt Prüfer Rainer van Ewyk von der IHK Essen.

Im Homeoffice nicht alleine lassen

Doch geschenkt wird den Azubis auch nichts, schließlich werden die Gesellen nach der Ausbildung ins kalte Wasser geschmissen. "Ich möchte nicht von Gesellen zweiter Klasse sprechen", sagt Ausbildungsleiter Volker Kemper von Evonik in Essen. Das Unternehmen kann derzeit nicht alles anbieten, zum Beispiel eine Vorbereitung für Lehrlinge mit Prüfungsangst. "Aber unsere Lehrlinge fühlen sich nicht alleine gelassen", so Kemper.

Noten nicht schlechter als vor Corona

Die Noten sind im Vergleich zu den Nicht-Corona-Jahrgängen nicht abgefallen, hat die IHK festgestellt. Und das, obwohl viele Azubis ins Homeoffice verbannt wurden. Wie etwa Nina Nonnenmacher. Die 17-jährige angehende Elektronikerin bei Evonik wurde gleich zu Beginn der Lehre drei Monate ins Homeoffice geschickt. "Es war am Anfang sehr schwierig, man will ja den Betrieb sehen und Leute kennenlernen." Aber es gab jeden Tag Aufgaben und für den Azubi immer etwas zu tun. Mittlerweile ist sie zumindest in der Lehrwerkstatt.

Weniger Bewerbungen in Corona-Zeiten

Die Unternehmen merken jedoch, dass sich in Corona-Zeiten deutlich weniger junge Leute bewerben. Beim Maschinenbauer Demag Cranes in Wetter an der Ruhr gingen etwa ein Drittel weniger Bewerbungen ein. Der Grund: Es fanden weder Berufsvorbereitungen in den Schulen statt noch gab es Azubi-Messen. So wurden wegen Corona die Fristen verlängert, es ist sogar noch bis Ende Januar möglich, in das laufende Ausbildungsjahr einzusteigen. Die Zahl der abgeschlossenen Verträge ist allerdings um 13,5 Prozent eingebrochen.

Schräge Blicke wegen Corona-Bonus für Schüler

Die angehenden Abiturienten merken aber schon, wie schwierig die Lehrstellensuche in Corona-Zeiten gerade ist - aus verschiedenen Gründen. Aaron Tischendorf aus Essen zum Beispiel wird im Sommer mit der Schule fertig sein und will Immobilienkaufmann werden. Bei Vorstellungsgesprächen wird er von Personalchefs schräg angeschaut: "Wenn die sehen, dass sich meine Noten in der Schule verbessert haben, wird nach den Gründen gefragt. Und wenn ich ehrlich sage, das ist ein Corona-Bonus wegen Homeschooling, rümpfen die die Nase." Ein Beispiel, das zeigt, wie komplex die aktuelle Situation für alle Beteiligten im Ausbildungs- und Bildungsbereich ist.

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