Pelosi in Taiwan: Darum geht es im Konflikt zwischen China und den USA

Stand: 03.08.2022, 08:51 Uhr

Im Vorfeld hatte die chinesische Regierung gedroht, doch Nancy Pelosi ist am Dienstag trotzdem in Taiwan gelandet. Was steckt hinter dem Konflikt um die demokratische Inselrepublik?

Allen Drohungen aus China zum Trotz ist die US-Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi am Dienstag zu einem Besuch in Taiwan eingetroffen. Der Aufenthalt der Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses ist für die demokratische Inselrepublik der ranghöchste Besuch aus den Vereinigten Staaten seit einem Vierteljahrhundert. Am Mittwoch will die 82-Jährige die Präsidentin Tsai Ing-wen treffen. Der Besuch der Nummer Drei der USA - nach Präsident und Vizepräsidentin - gilt in Taiwan als willkommene Aufwertung.

Doch Pelosis Stippvisite könnte große Spannungen zwischen den USA und China hervorrufen. Denn Peking sieht Taiwan als Teil der Volksrepublik an und lehnt offizielle Kontakte anderer Länder zu Taipeh strikt ab. Dementsprechend die erste Reaktion nach Pelosis Landung: Das Außenministerium in Peking sprach von einem "sehr gefährlichen Spiel mit dem Feuer". China werde "alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die nationale Souveränität und territoriale Integrität zu verteidigen".

Der Konflikt zwischen China und Taiwan schwelt seit Jahrzehnten, Aussicht auf einvernehmliche Lösung besteht nicht.

Welche Geschichte verbindet Taiwan und China?

Am 1. Oktober 1949 besiegen Maos Kommunisten das Militär der Republik China. Damit endet der Chinesische Bürgerkrieg. Doch viele Anhänger der Republik wollen sich nicht geschlagen geben und fliehen auf die Insel Taiwan, die vor dem chinesischen Festland liegt.

Seither gibt es de facto zwei chinesische Staaten: die kommunistische Volksrepublik China und die Republik China, die offiziell immer noch so heißt, aber international unter dem Namen Taiwan bekannt ist.

Welche Unterschiede gibt es zwischen Taiwan und China?

Politisch ist die Volksrepublik China seit Jahrzehnten eine Diktatur. Opposition, Meinungsfreiheit und eine von der Staatsmeinung abweichende Zivilgesellschaft lässt die Führung in Peking nicht zu.

Taiwan hingegen hat sich seit Ende der 1980er Jahre von einer Diktatur zur Demokratie entwickelt. Die heute gut 23 Millionen Einwohner genießen Meinungs-, Presse- und Demonstrationsfreiheit. Es gibt einen funktionierenden Rechtsstaat und eine lebhafte Zivilgesellschaft. 

Worüber streiten sich China und Taiwan?

Die chinesische Staatsführung fordert den Anschluss Taiwans an die Volksrepublik - beziehungsweise eine "Wiedervereinigung", wie es in Peking offiziell genannt wird. Staats- und Parteichef Xi Jinping wiederholt regelmäßig, dass es historisch so vorgesehen sei, Taiwan in die Volksrepublik einzugliedern - auch mit Gewalt.

Aus der Sicht Taiwans ist der Begriff "Wiedervereinigung" jedoch falsch. Taiwan war nie Teil der 1949 gegründeten Volksrepublik. Präsidentin Tsai Ing-Wen betont immer wieder die Eigenständigkeit Taiwans. Dabei kann sie sich auf eine deutliche Mehrheit der Taiwanerinnen und Taiwanern stützen.

Welche Eskalation zwischen China und den USA ist möglich?

Unter Hinweis auf ihre "Ein-China-Doktrin" geht die chinesische Führung gegen jeden Staat vor, der diplomatische und wirtschaftliche Beziehungen zu Taiwan ausbauen will.

Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping hatte US-Präsident Joe Biden schon in einem Telefonat am vergangenen Donnerstag vor dem Besuch Pelosis gewarnt: "Diejenigen, die mit dem Feuer spielen, werden daran zugrunde gehen." Das chinesische Außenministerium äußerte sich nach ihrer Ankunft ähnlich.

Diese Drohung unterstreicht China mit verschiedenen Aktivitäten. Chinesische Militärflugzeuge und Kriegsschiffe wurden im West-Pazifik gesichtet. Es finden Manöver mit Schießübungen statt. Auf Twitter verbreitete Chinas Botschafter in den USA ein martialisches Militär-Video.

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Als Reaktion hat das taiwanische Militär seine Kampfbereitschaft erhöht. Die erhöhte Bereitschaft sei bis Donnerstagmittag angeordnet worden, so die taiwanische Nachrichtenagentur CNA. Es handele sich bei dem zweistufigen Alarmsystem aber noch nicht um eine Einstufung für den "Ernstfall", sondern weiter um eine "normale Einsatzbereitschaft".

Gary Locke, ehemals US-Botschafter in China, geht nicht davon aus, dass Gefahr besteht. Aber er erwarte militärische Reaktionen aus Peking, sagte er bei CNN. "Sie könnten weitere Militärflugzeuge aufsteigen lassen und Flüge nahe am Luftraum Taiwans durchführen. Sie könnten auch Schiffe in ihr Seegebiet steuern."

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