Streamen wird teurer: Amazon erhöht die Preise

Stand: 26.07.2022, 12:23 Uhr

Amazon erhöht im September die Preise für sein "Prime"-Angebot um nahezu 30 Prozent. Andere Streamingdienste könnten folgen. Wer Kunde bei mehreren Diensten ist, muss immer tiefer in die Tasche greifen. WDR-Digitalexperte Jörg Schieb gibt einen Überblick.

Preissteigerungen jetzt auch bei den Streamingdiensten. Amazon hat am Dienstag angekündigt, die Preise für sein "Prime"-Angebot erheblich anzuheben. Kunden müssen künftig 89,90 EUR im Jahr (bisher 69 EUR) zahlen bzw. 8,99 EUR im Monat (bisher 7,99 EUR). Dafür bekommen Prime-Kunden allerdings nicht nur Zugang zum Video-Streamingdienst Amazon Prime Video, sondern auch zu Musik, eBooks und Vorteilen beim Paketversand.

Gründe: Inflation und Kundenschwund

Amazon hat seine Bestandskunden mit einer unauffälligen E-Mail über die Preiserhöhung informiert

Als Grund nannte Amazon "generelle und wesentliche Kostenänderungen aufgrund von Inflation, die auf von uns nicht beeinflussbaren äußeren Umständen beruhen". Die Preisänderung gelte "frühestens mit Fälligkeit der nächsten Zahlung, an oder nach dem 15. September 2022", hieß es weiter. Wie der weltgrößte Online-Händler betont, sei es die erste Anhebung in Deutschland seit 2017.

Allgemeine Inflation ist nur ein Grund für Preiserhöhungen. Auch andere Dienste wie Netflix haben in der Vergangenheit bereits die Preise erhöht. Teilweise auch nur mittelbar, indem neue Preismodelle eingeführt wurden: Wer auf mehr als nur auf einem Gerät schauen möchte, muss zum Beispiel schon länger mehr bezahlen. Wer nicht nur HD-Filme sehen will, sondern 4K-Qualität auf dem Smart-TV genießen will, benötigt das "Premium"-Paket, das mehr als doppelt so teuer ist wie das Basispaket. Auch eine Form von Preiserhöhung.

Preiserhöhungen bei allen Streaming-Diensten

Auch Disney+ hatte zuletzt im Februar 2021 die Preise deutlich erhöht. Ebenso Wow (vormals Sky) und DAZN. Man kann bei den Streamingdiensten von Preiserhöhungen auf breiter Front sprechen.

Ein wesentlicher Grund, auch wenn der nicht öffentlich genannt wird: Die Nutzerzahlen stagnieren – oder wachsen nicht mehr so rasant wie in der Vergangenheit. Anfangs wollen Anbieter Kunden gewinnen, mit möglichst attraktiven Preisen. Umsatzsteigerungen lassen sich dann noch über Kundenzuwachs erreichen.

Doch wenn die Kundenzahl stagniert, müssen Preiserhöhungen her. Erst recht, wenn die Kundenzahlen sinken, was bei einigen Diensten der Fall ist. Bei Netflix zum Beispiel durch den Wegfall des russischen Marktes.

Günstiger streamen mit Werbeunterbrechungen

Auf der anderen Seite denkt Netflix über die Einführung eines Werbemodells nach. Obwohl Netflix-Chef Reed Hastings in der Vergangenheit immer betont hatte, dass es auf seiner Plattform "niemals Werbung geben" würde, ist genau das jetzt in Planung. Der US-Anbieter hat bereits im Juni ein deutlich günstigeres Modell mit Werbeunterbrechungen angekündigt – und sondiert dafür derzeit die Verträge mit den Studios, die dem zustimmen müssen. Ein viertes Preismodell also, deutlich günstiger – aber mit störenden Werbeunterbrechungen.

Auch Disney+ hat vor einigen Tagen ein werbefinanziertes Modell vorgestellt: mit deutlich weniger Inhalten und Werbeunterbrechungen, dafür günstiger.

Hilfe für Nutzer der vielen Streaming-Plattformen

Viele Menschen haben Konten bei mehreren Streamingdiensten. Das gilt vor allem für Fußball-Fans, aber auch für Anhänger von Inhalten wie Kinofilmen mit Comic-Helden, die mittlerweile vor allem (oder zuerst) bei Disney+ zu sehen sind. Für Konsumenten ist es nicht nur schwieriger geworden, sich zu orientieren, sondern vor allem auch deutlich teurer.

Das Angebot der Streamingdienste ist heute unübersehbar: Mit der App "Wer Streamt es" kann man nachschauen, wo etwas zu sehen ist

Wer zum Beispiel wissen will, wo ein Film oder eine Serie läuft, kann Apps wie "Wer Streamt es" bemühen: Hier erfährt man, wo man etwas streamen kann – und in welchen Paketen oder zu welchen Konditionen. Ohne solche Helfer ist man als Streaming-Fan heute fast aufgeschmissen.

Wieviele Streaming-Dienste will man sich leisten?

Angesichts allgemeiner Preiserhöhungen und Kostendruck werden viele Familien sich überlegen, auf welche kostenpflichtigen Streamingdienste sie künftig verzichten können – besonders, wenn die Preise steigen. Auf die Streamingdienste selbst erhöht das allerdings den Druck. Sie machen weniger Umsatz, müssen aber am Markt mehr für Serien und Filme ausgeben. Eine auch für die Streamingdienste keine einfache Situation.

Über den Autor

Jörg Schieb, WDR-Digitalexperte.

WDR-Digitalexperte Jörg Schieb

Jörg Schieb, Jahrgang 1964, ist WDR-Digitalexperte und Autor von 130 Fachbüchern und Ratgebern. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Digitalisierung und deren Auswirkungen auf unseren Alltag.

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