Urteil im Dortmunder Neonazi-Prozess: Hohe Geldstrafen wegen Volksverhetzung

Stand: 30.05.2022, 16:11 Uhr

Im großen Neonazi-Prozess in Dortmund um eine antisemitische Parole sind am Montag mehrere Angeklagte zu Geldstrafen von bis zu 10.000 Euro verurteilt worden.

Von David Peters

Bei einer Demonstration im September 2018 hatten mehrere Neonazis gebrüllt "Wer Deutschland liebt, ist Antisemit". Das ist Volksverhetzung, urteilten die Richter. Als Begründung führten sie aus, dass die Parole zum Hass gegen in Deutschland lebende Jüdinnen und Juden aufstachelt.

Einschüchternde und bedrohliche Demonstration

Die Szenen von den Demonstrationen in Dorstfeld und Marten und der antisemitischen Parole sorgten 2018 weltweit für Entsetzen. Die Neonazis wurden von verhältnismäßig wenig Polizei begleitet, mehrere zündeten vermummt Pyrotechnik und auf einem Banner fand sich eine Anspielung auf die NSDAP.

Für das Gericht waren auch diese Begleitumstände für das Urteil entscheidend. Das Szenario bei der Demonstration im Stadtteil Dortmund Marten sei einschüchternd und bedrohlich gewesen. Daraus habe sich ergeben, dass "die Parole das Vertrauen, insbesondere der jüdischen Bevölkerung, in die öffentliche Sicherheit und den Frieden stört", erklärt Nesrin Öcal, Sprecherin des Landgerichts Dortmund.

Fünf Angeklagte wurden freigesprochen

Zehn Neonazis waren im Prozess angeklagt. Fünf von ihnen wurden zu hohen Geldstrafen verurteilt. Die anderen fünf wurden freigesprochen. Dreien von ihnen konnte nicht nachgewiesen werden, dass sie tatsächlich an der Demonstration teilgenommen haben. Bei den zwei übrigen Neonazis urteilte das Gericht, dass bei ihnen die einschüchternden "Begleitumstände" fehlten, die zu einer Strafbarkeit der Parole notwendig seien. Sie hatten demnach die Worte bei einer anderen Demonstration skandiert - allerdings nicht in der Dunkelheit und ohne Pyrotechnik.

Prozess dauerte mehr als ein halbes Jahr

Über ein halbes Jahr hat der Prozess gegen die zehn Angeklagten gedauert. Das Gericht hatte neben einer Vielzahl von Zeugen auch einen Gutachter bestellt, der nachweisen sollte, dass die Angeklagten auch tatsächlich auf der Demonstration waren.

Aufgrund der hohen Zahl der Angeklagten und ihrer Anwälte musste das Gericht auf einen Veranstaltungssaal im Freizeitzentrum West (FZW) ausweichen. Die Räume im Landgericht waren schlichtweg nicht groß genug für die Anzahl der Prozessbeteiligten.

Beratungsstelle begrüßt Urteil gegen Neonazis

Die Beratungsstelle ADIRA berät von Antisemitismus Betroffene und hat den Prozess beobachtet. Für die Beratungsstelle war es wichtig, dass das Gericht den antisemitischen und vorallem den volksverhetzende und damit strafbaren Charakter der Parole anerkennt. "Die Entscheidung des Gerichts ist ein Schritt in die richtige Richtung in der rechtlichen Bekämpfung von Antisemitismus", so Johanna Lauke von ADIRA.

Auch der Dortmunder Polizeipräsident Gregor Lange begrüßt das Urteil des Landgerichts: "Die Urteile sind ein starkes Signal gegen den Rechtsextremismus und vor allen Dingen gegen den menschenverachtenden Antisemitismus in unserer Stadt."