Kein Praktikum mit Kopftuch? 14-Jährige wirft Herner Krankenhaus Rassismus vor

Stand: 08.11.2022, 19:37 Uhr

Das evangelische Krankenhaus in Herne verweigert einer 14-Jährigen ein Praktikum - wegen ihres Kopftuchs.

Die 14-Jährige Beyza weiß jetzt schon genau, was sie will: Ärztin werden. Um ihrem Traum näher zu kommen, bewirbt sie sich beim evangelischen Krankenhaus Herne (EvK) für ein Praktikum. Doch es kommt ganz anders.

Rassismusvorwurf

Im Bewerbungsgespräch soll Beyza dies Frage gestellt worden sein, ob sie wirklich vor habe, mit meinem Kopftuch im Krankenhaus ihr Praktikum zu machen. Eine Mitarbeiterin soll ihr gespiegelt haben, dass das Krankenhaus die Schülerin wegen ihres Kopftuchs nicht annehmen könne. Jetzt wirft die Schülerin dem Krankenhaus Rassismus vor.

Kein Religionsbekenntnis im Krankenhaus

Diesen Vorwurf weist das EvK deutlich zurück. Als Grund für die Absage nennt es, dass die 14-Jährige gegen die Loyalitäts- und Neutralitätspflichten gegenüber dem Krankenhaus verstoße. Es sehe im Tragen eines Kopftuchs ein klares Religionsbekenntnis. Das widerspreche in dem christlichen Krankenhaus den Pflichten der Mitarbeitenden. Die sollen nämlich neutral sein.

Verstoß gegen das Grundrecht in Berufs- und Ausbildungsfreiheit

Weil das EvK ein Ausbildungskrankenhaus für die Bochumer Ruhr-Universität ist, hat sich jetzt der Fachschaftsrat Medizin eingeschaltet. Emre Yavuz ist über die Äußerung des EvK überrascht: „Da sehen wir schon ein sehr, sehr großes Problem, weil das einfach ein Eingriff in die Berufs- und Ausbildungsfreiheit ist. Was ja vom Grundgesetz her gedeckt ist - und das geht, aus unserer Sicht, gar nicht.“

Der Fachschaftsrat Medizin sagt auch, das EvK Herne habe in einem Vertrag dem Tragen eines Kopftuchs zugestimmt. Außerdem sei das Kopftuchverbot ein klarer Verstoß gegen das Grundrecht, sich Beruf und Ausbildung frei aussuchen zu können.

Kein Statement vom Krankenhaus selbst

Am Dienstagnachmittag wartet Beyzas Mutter vor dem EvK - Tränen-überströmt. Der Träger des Krankenhauses, der evangelische Kirchenkreis, rechtfertigt die Absage ebenfalls mit dieser Begründung: "Weil das Tragen eines Kopftuchs ein Statement ist. Es ist ein evangelisches Krankenhaus und deswegen widerspricht es den Grundsätzen." Heißt: Dienst unterm Kreuz ja, aber mit neutraler Kleidung. Also auch kein Kopftuch. Den Vorwurf von Rassismus weist auch der Träger deutlich zurück.

Beyza will trotzdem Ärztin werden

Die 14-Jährige Beyza empfindet es als schrecklich, auf ihr Kopftuch reduziert zu werden: "Ich habe gute Noten, ich bin auch eine gute Schülerin. Und so eine Absage zu bekommen und einfach zu sagen: nein, wir können dich nicht annehmen, nur wegen des Kopftuchs, ist einfach nur erbärmlich." Aufgeben will Beyza aber nicht - sie verfolgt weiterhin ihren Traum, Ärztin zu werden. Und zwar mit Kopftuch.

Über dieses Thema berichten wir in der Lokalzeit Rhein-Ruhr am 8. November auch in Hörfunk und Fernsehen.