Gespräch auf einer Bühne

WDR 5 Stadtgespräch: Polizeipräsident stellt sich nach tödlichen Schüssen der Kritik

Stand: 09.09.2022, 14:46 Uhr

Im WDR 5 Stadtgespräch hat der Dortmunder Polizeipräsident Gregor Lange mit Kritikern über die tödlichen Schüsse auf den 16-jährigen Mouhamed Dramé diskutiert.

Am Ende der emotionalen Diskussion gab es auch Applaus für den Polizeipräsidenten. Zwar nicht für seine Aussagen, aber dafür, dass er sich der Diskussion im Dortmunder Reinoldinum gestellt hat. Einer Diskussion, die für Gregor Lange keine leichte war.

Das Thema waren die tödlichen Schüsse auf den 16-jährigen Mouhamed Dramé, der vor einem Monat bei einem Einsatz in der Nordstadt von einem Polizisten erschossen wurde.

Über eineinhalb Stunden hatte Gregor Lange mit Fatma Karacakurtoglu, der Vorsitzenden des Vereins "Train of Hope", Rafael Behr von der Akademie der Polizei Hamburg und William Dountio, der die Proteste nach den tödlichen Schüssen organisiert hatte, diskutiert - und natürlich mit dem Publikum, aus dessen Reihen er sich viel Kritik anhören musste.

Unverständnis über Eskalation des Einsatzes

Viele Zuschauer waren der Meinung, dass die Polizei mit Mouhamed Dramé, der sich wohl in einem psychischen Ausnahmezustand befand, anders hätte umgehen müssen. "Mehrere ausgebildete Polizisten müssen doch in der Lage sein, einen 16-jährigen, suzidalen Menschen richtig zu behandeln", meinte Julius Ophus aus Hörde.

Josef Rick ist extra aus Ratingen zum Stadtgespräch angereist. Auch er brachte sein Unverständnis über die Schüsse zum Ausdruck: "Wir leben doch hier nicht in Chicago, sondern in Nordrhein-Westfalen." Ihm tue Polizeipräsident Gregor Lange fast schon Leid. Eigentlich müsse sich Innenminister Herbert Reul (CDU) den Bürgern und ihrer Kritik stellen.

Kritk gab es auch von Polizeiwissenschaftler Rafael Behr, der aus Hamburg zugeschaltet wurde. Er forderte ein Umdenken innerhalb der Polizei: "Um eine professionelle Polizei zu haben, müssen wir mehr tun, als Messerangriffe prinzipell mit Schusswaffen zu beantworten."

Vertrauensverlust in der Dortmunder Nordstadt?

Nicht nur der tödliche Einsatz, sondern auch ein möglicher Vertrauensverlust zwischen Bürgern und Polizei war für viele Menschen beim WDR 5 Stadtgespräch ein Thema.

Fatma Karacakurtoglu, Vorsitzende eines Flüchtlingshilfevereins in der Nordstad, beschrieb die Stimmungslage vieler Menschen vor Ort: Für viele Menschen sei die Nachricht vom tödlichen Polizeieinsatz ein Schock gewesen. Viele Menschen, mit denen sie zu tun hat, hätten ohnehin Angst vor der Polizei aufgrund schlechter Erfahrungen in ihren Herkunftsländern, aber auch Racial Profiling in der Nordstadt.

Tödliche Schüsse in Dortmund: Wie viel Vertrauen haben wir in die Polizei?

Auch aus dem Publikum kamen viele Fragen.

Eine Frau aus dem Publikum berichtete, dass sie sich Sorgen um ihre schwarzen Schüler gemacht habe, als sie von dem Fall erfuhr. Sie selbst sei auch schon oft mit der Polizei in Kontakt gekommen, "weil ich schwarz bin."

Auch William Dountio sieht darin ein "alltägliches Problem": "Es gibt Menschen, die Angst haben, vor ihrer Haustür eine Zigarette zu rauchen, kontrolliert zu werden oder schikaniert zu werden."

Polizei will Vorurteile und Hemmungen abbauen

Gregor Lange setzte dem entgegen, dass seiner Meinung nach, die Polizei in der Nordstadt ein hohes Vertrauen genieße und für viele Menschen auch der erste Ansprechpartner bei alltäglichen Problemen sei.

Der Polizeipräsident betonte aber auch, dass er sich dafür einsetzt und einsetzen wird, dass man gemeinsam mit den Organisationen vor Ort Vertrauen aufbauen und "gegenseitige Vorurteile und Hemmungen" abbauen wolle.

Selbst nach dem "offiziellen" Stadtgespräch nahm sich der Polizeipräsident noch mehrere Stunden Zeit, um mit seinen Kritikern in das persönliche Gespräch zu kommen.