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Etwa 100 Menschen sind am Samstag (17.08.2019) in Hamm auf die Straße gegangen. Sie demonstrierten gegen einen Neonazi-Treffpunkt, der sich in den vergangenen Jahren zu einem Hotspot für rechtsextreme Konzerte entwickelt hat. Solche Treffpunkte sind für die Neonazi-Szene extrem wichtig. Unter anderem, weil dort Geld verdient wird.
Veranstaltungsort wichtiger Neonazi-Treffpunkt

Leroy Böthel, Mobile Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus in NRW
Leroy Böthel von der Mobilen Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus beobachtet die Entwicklung rund um den Hammer Neonazi-Treffpunkt am Kentroper Weg 18: "Es haben dort nachweislich mehrere Dutzend Rechtsrockkonzerte in den letzten Jahren stattgefunden. Hinzu kommen zahlreiche Schulungen, Parteiveranstaltungen, Vorträge der rechten Szene, Parties, Vernetzung. Es ist ein Raum, wo die Neonazis sich vernetzen können, wo sie ihre menschenverachtende Ideologie ungefiltert, ungebremst ausleben können."
Ordnungsbehörden greifen nicht ein

Die Polizei im Gespräch mit Rechten
Eine Einschätzung, die mittlerweile auch der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz teilt. Im aktuellen Verfassungsschutzbericht heißt es: "Die Hammer Rechtsextremisten nutzen immer wieder eine Immobilie, um dort wiederkehrend Musikveranstaltungen und Vorträge durchzuführen." Und das taten sie auch am vergangenen Wochenende, unter den Augen von Polizei und Ordnungsamt. Weder die eine noch die andere Behörde sieht sich in der Lage etwas gegen die rechtsextreme Veranstaltung zu tun. Beide bewerteten das Konzert als private Veranstaltung.
Stadt sieht keine Rechtsgrundlage für Verbot
Der Hammer Rechtsdezernent Jörg Mösgen begründet das Nichteingreifen so: "Wir können nicht einfach die Türen aufmachen und mit Gewalt da rein gehen. Dann würden wir uns gegen rechtliche Vorschriften stellen. Es ist leider so, dass es auf den ersten Blick einfach erscheint, dass wir was unternehmen, die Stadt handeln soll. Wenn man das juristisch prüft, merkt man aber, dass das gar nicht so einfach ist."
Demonstranten fordern Eingreifen

Die Polizei begleitet die Gegendemonstration in Hamm.
Die Demonstranten, die am Samstag gegen das Neonazi-Konzert auf die Straße gezogen sind, sind ganz anderer Meinung. Einige von ihnen hatten Recherchen ins Internet gestellt, die klar belegen sollen, dass hier ein öffentliches Konzert stattfindet, für das es möglicherweise eine Genehmigung der Stadt geben muss. Joshua Zobel von den Hammer Jusos: "Wir haben durch Recherchen herausgefunden, dass sie in öffentlichen Gruppen diese Veranstaltung teilen, Eintritt nehmen, Getränke ausschenken, auch ein Spanferkel (braten) und das ist ganz klar eine öffentliche Veranstaltung, die hier geplant war."
Neonazis bleiben ungestört
Auch die Eingangskontrollen der Neonazis am Samstag sprachen dafür. Hinter dem Tor der Konzert-Location holte einer der Türsteher immer wieder eine Art Liste aus der Jacke, für private Veranstaltungen eher untypisch. Beobachtungen, die auch Polizei und Ordnungsamt machten. Konsequenzen hatte das für die Neonazis aber nicht.
Stadt kündigt andere Strategie an
Der Hammer Ordnungsdezernent hofft, wenigstens in Zukunft Rechtsextreme Veranstaltungen in der Stadt verhindern zu können: "Wir werden versuchen über das Bauordnungsrecht oder über den Brandschutz zu gehen. Wir wollen nicht länger noch zusehen. Aber wir haben leider auch unsere juristischen Grenzen."
Der Umgang mit Neonazis, die als gefährlich gelten und die vom Verfassungsschutz beobachtet werden, wirkte am Samstag in Hamm hilflos.
Stand: 19.08.2019, 18:48