Die Kröten wandern wieder: Was Autofahrer jetzt wissen sollten

Stand: 15.03.2023, 12:44 Uhr

Es sind wieder mehr Kröten und andere Amphibien auf Wanderung – jetzt, wo die Temperaturen milder werden. Viele Städte wie Essen, Hattingen oder Witten haben Warnschilder aufgestellt oder sogar Straßen gesperrt. So kann man den Tieren helfen.

Von Daniel Chur

Der Hattinger Naturführer Martin Maschka kniet im Dunkeln vor einer Kröte auf der Straße

Martin Maschka kniet im Dunkeln vor einer Kröte auf der Straße.

Martin Maschka aus Hattingen ist nur einer von vielen im ganzen Land, der zurzeit praktisch jeden Abend auf den Beinen ist. Und das in einer wichtigen Missionen: Kröten, Frösche und andere Amphibien sicher über die Straße bringen. Denn: Sie wandern wieder.

Viele Städte sperren Straßen

Die Temperaturen sind in den vergangenen Tagen etwas milder geworden und darum sind die Amphibien jetzt verstärkt auf ihrer Laichwanderung. Städte reagieren darauf alljährlich, indem sie Warnschilder aufstellen und besonders betroffene Straßen entweder nachts oder komplett sperren. Im Ruhrgebiet passiert das zum Beispiel gerade wieder in Essen, Ennepetal und Witten - oder eben auch in Hattingen.

Dort schließt und öffnet Martin Maschka vom Verein "Artenschutz Ruhrgebiet" im Auftrag der Stadt abends und morgens die Schranken zur Straße durch den Schulenberger Wald. Der Naturschützer ist auch Jahr für Jahr damit beschäftigt, gemeinsam mit anderen ehrenamtlich Aktiven Schutzzäune zu bauen und Tiere in Eimern zu setzen, um sie über die Straße zu bringen.

Achtung: Erdkröten wandern wieder!

Von Katja Goebel

Kaum wird es im Frühjahr etwas milder, sieht man sie wieder über die Straßen kriechen: Kröten - auf dem Weg zu ihren Laichgewässern. Doch die Reise ist gefährlich. Wohl dem, der es es unbeschadet über die Straße schafft. Wir können aber helfen.

Erdkröten sind recht träge unterwegs, laufen langsam und müssen nicht selten dabei noch einen Kumpel huckepack schleppen. Jetzt sieht man sie vermehrt, denn die Tiere machen sich in dieser Jahreszeit auf Wanderschaft. Unberirrbar haben sie nur ein Ziel: Sie wollen zu genau dem Teich oder Tümpel, in dem sie selbst zur Welt gekommen sind.

Manchmal nehmen sie dazu Kilometer langer Strecken auf sich. Dabei müssen die Weibchen oft noch die Männchen schleppen. Die halten sich durch einen Reflex besonders fest - im Eifer des Gefechts manchmal sogar am falschen Tier. So hat man Krötenmännchen schon auf dem Rücken eines Hechtes entdeckt.

Am Gewässer angekommen legen die Erdkrötenweibchen nach der Paarung 3.000 bis 8.000 Eier in Schnüren ab, die mehrere Meter lang sind. Danach wird der Nachwuchs sich selbst überlassen. Sowohl Eier als auch schlüpfende Kaulquappen schmecken aber durch eingelagerte Bitterstoffe nicht und schrecken so Fressfeinde wie Fische ab.

Viele Tiere sterben jedoch beim Überqueren von Straßen. Übrigens nicht nur, weil Autoreifen sie zerquetschen. Durch den Luftdruck eines zu schnell vorbei fahrenden Autos können ihre empfindlichen Organe platzen.

Immer wieder finden sich deshalb tote Amphibien auf der Straße, denen Teile der Innereien aus dem Mund heraushängen, die aber offensichtlich nicht von Reifen überfahren wurden. Aus diesem Grund fordern Tierschützer auch immer wieder Tempo 30 in Gebieten, wo viele Kröten unterwegs sind.

Um möglichst viele Kröten vor den Autos zu retten, stellen Naturschützer in ganz NRW immer wieder Krötenzäune auf. Die Tiere wandern am Zaun entlang, bis sie schließlich in einen eingegrabenen Eimer plumpsen. Mindestens einmal täglich leeren freiwillige Krötenhelfer dann die Eimer.

Kein anderer Verband betreut übrigens so viele Amphibienschutzzäune und stationäre Anlagen wie der Naturschutzbund - kurz NABU. Doch eigentlich kann jeder anpacken: Wer also ein solches Tier auf der Straße findet, sollte ihm gerne über die Straße helfen.

Kröten können ungefähr erahnen, wo sie geboren sind. Noch weiß man nicht genau, wie sie das machen. Was man aber weiß: Sie nehmen gerne auch neue Wasserstellen an. Wer also die Möglichkeit hat, einen eigenen Teich anzulegen, der hat mit etwas Glück bald selbst Krötennachwuchs im Garten. Neu angelegte Teiche sind wichtig, auch weil alte Gewässer irgendwann verlanden.

Anzahl der Tiere drastisch zurückgegangen

Maschka sagt, dass dies jetzt wichtiger denn je sei: "Wir haben festgestellt, dass die Bestände der Amphibien dramatisch zurück gehen. Das betrifft alle Arten bei uns. Darum ist es unglaublich wichtig, dass wir den Amphibienschutz sehr ernst nehmen."

Die Gründe für diesen Rückgang sind vielfältig: Schon seit Jahren bedroht ein eingeschleppter Pilz die Tiere - insbesondere den Salamander hat der schon an vielen Stellen fast ausgerottet. Ein weiterer wichtiger Faktor: "Wir haben zurzeit eine ständige Warm-Kalt-Warm-Kalt-Situation", so Martin Maschka, "und das beeinflusst die Amphibien tatsächlich."

Autofahrer: Umwege oder gar nicht fahren

Viele gehen zu früh auf Wanderschaft, erklärt der Naturschützer, sodass sie bei Kälteinbrüchen erfrieren. Hinzu kommt, dass ihnen die Nahrung fehlt, weil immer weniger Insekten da sind. Darum sei es wichtiger denn je, die Tiere zu schützen.

In diesem Zusammenhang richtet Martin Maschka vor allem einen Appell an die Autofahrer: "Abends, bei Regenwetter und milden Temperaturen ist die Hauptwanderzeit. Da sollten wir wirklich, wenn es eben geht, möglichst aufs Autofahren verzichten und ansonsten einfach mit Rücksicht fahren." Dazu gehöre, entsprechende Warnschilder und erst recht Sperrungen zu beachten.

Auch NABU appelliert

Solche Hinweise gibt übrigens auch die Naturschutzorganisation NABU. Sie empfiehlt, Straßen, in denen Warnschilder zur Krötenwanderung aufgestellt sind, höchstens mit 30 Stundenkilometern zu befahren. Frösche, Kröten und Molche würden nicht nur unter Autoreifen sterben, so die Organisation, sondern auch wenn Fahrzeuge sehr schnell unterwegs seien, da durch den hohen Luftdruck innere Organe der Tiere platzen könnten.

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Der NABU hat übrigens auch gerade eine neue App freigeschaltet, mit der Amphibien-Arten identifiziert und für den Bestand auch gemeldet werden können.

Artenschutz in Gruppen oder zuhause

Krötenwanderung: Naturschützer appellieren an Autofahrer

WDR aktuell 13.03.2023 00:38 Min. Verfügbar bis 14.03.2028 WDR 2


Martin Maschka hofft, dass der Schutz der Tiere noch ein bisschen weiter geht. Viele örtliche Gruppen im ganzen Land könnten noch reichlich Unterstützer gebrauchen, die dabei helfen, Amphibien sicher über die Straße zu bringen.

Und die Hilfe könne sogar zuhause losgehen: "Wer einen eigenen Garten hat, kann was tun. Ein kleiner Tümpel reicht aus, eine Totholzecke, Bruchsteine aufgestapelt - das mögen Amphibien."

Was ist ein Krötenzaun?

Die Maus 01.03.2023 07:51 Min. UT Verfügbar bis 30.12.2099 WDR

Über dieses Thema haben wir am 13.03.2023 im Radio in der WDR 2 Lokalzeit Rhein/Ruhr berichtet

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