Schlaglöcher werden in Gelsenkirchen zu Kunst

Stand: 01.03.2023, 13:39 Uhr

Der Künstler Hans Achim Wagner nimmt Straßenschäden mit Humor - und möchte trotzdem "den Finger in die Wunde legen".

Von Agata Pilarska

"Willkommen im Louvre von Gelsenkirchen", sagt Hans Achim Wagner und lacht. Sein Blick schweift über die Hertastraße im Stadtteil Ückendorf. Schlagloch reiht sich hier an Schlagloch. Wagner betrachtet die Löcher von allen Seiten. Dann zückt er sein Handy und macht ein Foto: Daraus entsteht später sein Kunstwerk des Tages.

Eigentlich stellt der Künstler Skulpturen aus Stahl her. Die Idee, aus Schaglöchern Kunst zu machen, kam Wagner beim Fahrradfahren. Denn ihm fiel auf: "Das sind ganz neue Formen."

Täglich ein neues Kunstwerk

Jeden Tag fotografiert Wagner ein anderes Schlagloch. Mit einem digitalen Zeichenprogramm auf seinem Handy erstellt er dann seine digitalen Kunstwerke: Am Anfang noch mit dem Finger, inzwischen benutzt er einen speziellen Stift. "Mein Enkel hat mir gezeigt, wie das funktioniert," sagt der 70-Jährige, während er es sich zuhause in seinem Sessel gemütlich gemacht hat.

Künstler Hans Achim Wagner

Künstler Hans Achim Wagner

Für ein Bild braucht Achim Wagner etwa eine halbe Stunde. Noch veröffentlicht er die Bilder nur in seinem Whatsapp-Status, in Zukunft möchte er sie aber gerne ausstellen. Immer mehr Bekannte reagieren amüsiert auf seine Kunstwerke - auch, weil Wagner ihnen witzige Namen gibt. Das Werk des Tages heißt "Adonis mit Dackelhund". Über 70 Schlagloch-Kunstwerke hat er schon erstellt und täglich kommt ein Neues dazu.

Schlaglochkunst von Hans Achim Wagner

Der Gelsenkirchener Künstler lässt auf seinem Handy Schlaglöcher lebendig werden.

"Adonis mit Dackelhund"

"Igel nach Friseurbesuch"

"Prinz Karneval und die einsame Kamelle"

"Asphaltlama"

"Asphaltvamp"

"Asphalttupamaro"

"Asphalthuhn"

Kunst aus Verzweiflung

Doch obwohl er kreativ und humorvoll mit den Schlaglöchern umgeht, ärgert er sich über die Straßenschäden: "Wenn es regnet, weiß man als Radfahrer gar nicht, wie tief so ein Schlagloch ist."

Laut der Stadt Gelsenkirchen werden zwar gemeldete Schlaglöcher umgehend geflickt. Die Hertastraße in Ückendorf soll aber beispielsweise erst 2027 vollständig saniert werden. Auf die Frage, ob seine Kunst eine Form des Protests ist, antwortet Wagner schmunzelnd: "Eher eine Art der Verzweiflung."