Essener Tafel: Aufnahmestopp nach Riesenandrang

Stand: 06.06.2022, 14:46 Uhr

Weil so viele für Lebensmittel anstehen, nimmt die Essener Tafel bis August keine neuen Kunden mehr auf. Auch die Tafel-Helfer in Bochum-Wattenscheid verkünden einen Aufnahmestopp.

"So etwas habe ich in 17 Jahren noch nicht erlebt", sagt der noch immer fassungslose Chef der Essener Tafel, Jörg Sartor. Über 70 Menschen hat er am Mittwoch abweisen müssen. Menschen, die eigentlich dringend Verpflegung gebraucht hätten, so der Tafelleiter. Durch den großen Andrang ist nun ein Aufnahmestopp nötig. Wie am Wochenende bekannt wurde, ist das Problem nicht nur auf Essen beschränkt: "Wir werden die Leute wegschicken müssen", sagte Stefan Schulze von der Tafel Bochum-Wattenscheid dem WDR. Der Grund: "Die Lebensmittelspenden sind um 40 Prozent zurückgegangen, obwohl wir doppelt so viele Kunden haben."

Über 70 Menschen weggeschickt

Das konnte man am Mittwoch in Essen hautnah miterleben: Bereits drei Stunden vor Öffnung der Tafel hatten sich erste Hilfebedürftige vor den Toren der Einrichtung aufgestellt. Rund um den alten Wasserturm hatte sich eine Schlange mit 180 Personen gebildet. Das Problem: Es gab nur Lebensmittel für etwas mehr als hundert Personen. "Über 70 Leute mussten wir wieder wegschicken", so Jörg Sartor.

Der Leiter der Tafel berichtet, dass unter den Hilfebedürftigen sehr viele Menschen waren, die aus der Ukraine geflüchtet sind. Die meisten von ihnen hätten Verständnis gezeigt, einige hätten aber lauter mit den Tafel-Mitarbeitern diskutiert. Jedoch sei nichts an der Situation zu ändern: Mehr Verpflegung habe man nicht zur Verfügung gehabt.

Tafel braucht mehr Platz

Die Konsequenz ist nun ein achtwöchiger Aufnahmestopp für neue Kunden. Sollte sich die Lage entspannen, wäre auch eine Verkürzung des Stopps möglich. Im Moment könne man aber nicht anders reagieren. Jörg Sartor macht die Situation durchaus Sorgen. Gleichwohl will er der Stadt Essen keine Vorwürfe machen.

"Die Stadt kümmert sich vorbildlich um die Geflüchteten aus der Ukraine", so Sartor. Die Tafel könne die Situation jedoch auch nicht wirklich auffangen. Denn das Hilfsangebot sei lediglich eine Ergänzung, Menschen in sozialer Not zu unterstützen. Eine Unterbringung in größeren Räumlichkeiten als dem Wasserturm könnte helfen, das Angebot trotzdem zu erweitern. Aktuell sucht die Essener Tafel nach solch neuen Räumen - mit Hilfe der Stadt.