Europa-Radreise als Elternzeit
Mit Tochter und Tandem bis ans Mittelmeer
Stand: 29.09.2022, 13:50 Uhr
Die 5-jährige Nora und ihre Mama Hanna sind vom Ruhrgebiet bis ans Mittelmeer gefahren. Start war Ende April in Bochum. Von dort ging es durch Deutschland, in die Schweiz, nach Österreich, Slowenien und dann nach Italien. Rund 4.000 Kilometer in fünf Monaten.
Von Alicia Theisen
“Als wir in Bochum losgefahren sind, war das Ganze noch total surreal”, erinnert sich Hanna. Kurz nach Ostern fuhren Mutter und Tochter mit dem Rad los. Dieses Mal ging es aber nicht, wie sonst, zum Kindergarten oder zur Arbeit. Dieses Mal ging es Richtung Mittelmeer.
Die 5-jährige Nora trampelt fleißig mit. Im Schnitt fahren Hanna und Nora um die 30 bis 40 Kilometer am Tag, manchmal auch weniger. “Wenn eine von uns beiden keine Lust mehr hat oder nicht mehr kann, dann machen wir einen Pausetag. Wir entscheiden alles zusammen, denn wir sind ja auch zu zweit unterwegs.”
Sechs Packtaschen hängen an dem Tandem, eine davon mit Noras Spielzeug. Oben drauf kommt das Zelt. Das Fahrrad wiegt 90 Kilo, einen Motor hat es nicht. Deswegen fahren die Beiden nicht über die Alpen, sondern einmal drum herum. Manche Berge sind trotzdem so steil, dass Nora absteigen muss und Hanna alleine hochstrampelt.
Elternzeit auf dem Tandem
“Natürlich habe ich zwischendurch auch mal gedacht, dass ich mir zu viel vorgenommen habe”, gibt Hanna zu. “Aber ich bin einfach unfassbar stolz auf meine Kleine. Sie ist zwar schon zu Hause wirklich gerne Fahrrad gefahren, aber dass sie so eine weite Reise schafft und auch noch Spaß daran hat…das ist einfach klasse."
Viele Menschen sprechen die Beiden auf das vollgepackte Tandem an, manchmal laden sie die Zwei zum Campen in ihrem Garten oder sogar ins Gästezimmer ein. In der Regel schlafen Nora und Hanna aber im Zelt auf Campingplätzen und kochen auf ihrem Gaskocher.
Nora strampelt fleißig mit. Zwischendurch gibt es während der Fahrt mal ein Hörspiel oder Melone.
Noras Lieblings-Camping-Essen ist Nudeln mit Rührei. “Natürlich gönnen wir uns ein Eis, aber ich muss schon auf’s Geld gucken”, sagt Hanna. Für die große Reise hat die alleinerziehende Mutter viel gespart. In der Woche müssen aber rund 200 Euro für Schlafen, Essen und alles Andere reichen.
Tiefpunkte
“Es gab Momente, da haben wir darüber nachgedacht, in den nächsten Zug zu steigen und einfach nach Hause zu fahren”, erinnert sich Hanna. Manchmal sitzen sie tagelang bei Regen im Zelt, in Österreich müssen sie steile Berge hochfahren, in Slowenien sind teilweise über 40 Grad.
"Und dann konnten wir das Meer sehen"
Nora ist das allererste Mal am Meer.
Nach knapp vier Monaten und tonnenweise Nudeln mit Rührei fahren sie über einen Hügel und können das Mittelmeer sehen. Im kleinen italienischen Ort Grado ist Nora das erste Mal in ihrem Leben im Meer schwimmen. Für einen Familienurlaub kommen sogar die Großeltern sie besuchen.
Nach zwei Wochen geht es wieder zurück in die Heimat. Für den Rückweg haben Hanna und Nora auch mal den Zug genommen. Inzwischen sind sie wieder in Bochum. Im Oktober muss Nora wieder in den Kindergarten und Hanna zur Arbeit.
“Als ich das erste Mal erzählt habe, was ich vorhabe… diese Radreise mit Zelt durch Europa, da haben mir viele gesagt, das ist zu viel. Gerade für Nora und weil ich alleine bin und niemanden dabei habe, der mir hilft”, sagt Hanna. “Aber wir hatten eine unfassbar schöne Zeit."
Über dieses Thema berichten wir am 30.09. im WDR Fernsehen in der Lokalzeit Ruhr.