Swisttal - Wildblumen für gesunde Äcker 

Stand: 26.07.2022, 11:41 Uhr

Drei Landwirte aus Swisttal wagen ein Experiment: Wildpflanzen sollen Schadstoffe aus dem Boden holen, die bei der Flutkatastrophe im Juli 2021 auf ihre Äcker gespült wurden. 

Von Sebastian Tittelbach

Die Fläche sieht aus wie ein normales Stoppelfeld. Doch wo vor ein paar Wochen noch das Getreide stand, findet Landwirt Friedrich von Scherenberg erste Spuren seines Experiments: "Hier könnte man den ersten Klee sehen. Es ist ein kleiner Anfang, aber jetzt mit dem Regen aus der Nacht bin ich optimistisch, dass es funktioniert."

Swistbach spülte Heizöl und Müll auf die Felder

Zusammen mit zwei benachbarten Landwirten hat von Scherenberg auf 25 Hektar Wildpflanzen gesät. Sie sollen das beseitigen, was der Swistbach angerichtet hat. Bei der Flutkatastrophe vor einem Jahr schwoll der schmale Bach auf die Breite des Rheins an. Zwei Tage lang floß eine dreckige Brühe über die Felder: "Von Heizöl aus den Kellern bis hin zu Lacken, Farben, Batterien. Das Wasser kann nicht gesund gewesen sein, denn auch unser Terrier, der einmal da reingesprungen ist, ist an Organversagen nach wenigen Monaten verstorben, obwohl er noch fit und im besten Alter war."

Die Äcker sind bereits sauber genug, dass die Behörden den Anbau von Lebensmitteln erlaubt haben. Doch die Landwirte wollen noch mehr Schadstoffe aus der Erde holen und hoffen auf bessere Ernten. Dass das funktioniert, davon ist Andreas Kinser überzeugt. Er koordiniert für die Deutsche Wildtier Stiftung das Projekt: "Diese mehrjährigen Wildpflanzenmischungen durchwurzeln sehr stark die Böden. Und die Pflanzen nehmen nicht nur die Nährstoffe aus dem Boden auf, sondern auch die Schadstoffe."

Pflanzen kommen in Biogasanlage

Wenn die Wiese gemäht wird, sollen die Pflanzen nach Euskirchen in eine Biogasanlage kommen. Hier könnte mit ihnen Strom und Gas produziert werden. Für Betreiber Rainer von Meer ist das ebenfalls Neuland, da nicht klar ist, wie viel Energie in den Wildpflanzen steckt: "Wir wissen noch nicht, ob wir eine Silage daraus machen. Vielleicht ist es auch besser, die Blümchen zu Heu zu verarbeiten und Pferden zu füttern und wir fahren dann denn Pferdemist in die Biogasanlage." 

Neuer Rückzugsort für Tiere

Fünf Jahre läuft das Projekt. Wenn es klappt, haben beide etwas davon: Mensch und Natur. Landwirt Friedrich von Scherenberg steht schon jetzt hinter der Idee. Sein Acker kann sich nach der Flut erholen, er hofft auf Einnahmen durch das Biogas und für Insekten, Vögel und Hasen entsteht in der Wildblumenwiese ein neuer Lebensraum: "Die haben einen Rückzugsort und wir Landwirte können die Fläche trotzdem weiter nutzen."

Ergebnisse soll es im kommenden Jahr (2022) im August geben, dann wird die Wiese das erste Mal gemäht.