Der Bruder des Getöteten und sein Anwalt im Gerichtssaal

12 Jahre Haft nach tödlichem Messerstich in Siegburger Diskothek

Stand: 23.05.2023, 15:23 Uhr

Das Bonner Landgericht hat am Mittag das Urteil im Prozess um einen tödlichen Messerstich in einer Siegburger Disko gesprochen. Der Täter muss unter anderem wegen Totschlags für 12 Jahre ins Gefängnis.

Von Christoph Hensgen

Ein Mitangeklagter wurde vom Vorwurf der Körperverletzung freigesprochen.

Die Richter der 4. großen Strafkammer sind davon überzeugt, dass der 24-jährige Hauptangeklagte im Juli 2022 auf einer Tanzfläche einen ebenfalls 24 Jahre alten Mann erstochen und dessen 28 Jahre alten Bruder schwer verletzt hat.

Streit eskaliert auf Tanzfläche

Tatort der Messerstecherei in der Siegburger Discothek Klangfabrik

Die Siegburger Diskothek "Klangfabrik"

Die Tat ereignete sich in der Siegburger Diskothek "Klangfabrik". Die Anklage geht davon aus, dass die beiden späteren Opfer zwei junge Frauen wiederholt gegen deren Willen angetanzt und belästigt haben. Die beiden Angeklagten seien den Frauen zur Hilfe geeilt. Auf der Tanzfläche soll der Streit dann eskaliert sein.

Zum Tatzeitpunkt waren noch rund 150 Besucher in der Siegburger Diskothek. Doch weder die Feiernden noch die anwesenden Sicherheitsmitarbeiter erkannten die Situation rechtzeitig, sodass die Täter das Lokal unbemerkt verlassen konnten.

Mutmaßlicher Haupttäter wegen Gewaltdelikten polizeibekannt

Bereits wenige Stunden nach der Tat nahm eine Bonner Mordkommission die zwei Angeklagten fest. Die Tatverdächtigen kommen aus dem Raum Siegburg. Der Ältere der beiden wurde nach den Vernehmungen wieder freigelassen. Der mutmaßliche Haupttäter war der Polizei bereits wegen anderer Gewaltdelikte bekannt. Er kam in Untersuchungshaft.

Tödlicher Messerstich in Siegburger Diskothek: Urteil erwartet

00:30 Min. Verfügbar bis 23.05.2024


Obwohl die Tatwaffe bis heute nicht gefunden werden konnte und obwohl auch keiner der Zeugen im Verlauf der Auseinandersetzung in der Diskothek ein Messer in der Hand des Hauptangeklagten gesehen hatte, waren die Richter von seiner Schuld überzeugt. "Es sind vier Leute, die sich streiten, beziehungsweise schlagen – und zwei sind nachher verletzt. Bis auf die beiden Angeklagten war niemand anders beteiligt", sagte der Vorsitzende Richter Klaus Reinhoff in seiner Urteilsbegründung.

Reinhoff hob außerdem hervor, dass der ursprüngliche Streit zwischen den späteren Opfern und zwei jungen Frauen bereits beigelegt war, als sich die Angeklagten eingemischt hätten: "Die Ausgangspunkte, die zu dem Tod eines jungen Menschen geführt haben, sind Lächerlichkeiten", so Klaus Reinhoff. "Der eine will die Ehre seines Bruders retten, der andere will Frauen retten, die gar nicht gerettet werden wollen. Das Ganze wäre ohne jeden Zweifel zu verhindern gewesen."

Familien verfolgen Urteilsverkündung

Der Bruder des Getöteten war als Nebenkläger in dem Prozess aufgetreten. Der Familie des Opfers wurden 5.000 Euro Hinterbliebenengeld und 10.000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen. Angehörige des Opfers und die Familie des Hauptangeklagten hatten die Urteilsverkündung im Zuschauerraum verfolgt.

Der Anwalt des Verurteilten kündigte unmittelbar nach Ende der Verhandlung an, in Revision zu gehen. "Das Urteil basiert lediglich auf Vermutungen", sagte der Bonner Strafverteidiger Michael Hakner gegenüber wdr.de. "Dagegen werden wir selbstverständlich vorgehen."

Diskothek schließt nach tödlicher Messerattacke

Unmittelbar nach der Tat hatte der Betreiber der "Klangfabrik" weitreichende Konsequenzen gezogen: Er schloss die Diskothek zehn Jahre nach ihrer Eröffnung.

Die "Klangfabrik" war in den vergangenen Jahren immer wieder wegen Gewalttaten und Sachbeschädigungen durch Besucher aufgefallen. Der Siegburger Stadtverwaltung waren vor allem Verstöße gegen den Jugendschutz bekannt.

Über das Thema berichten wir am 23.05.23 im Fernsehen in der WDR Lokalzeit und im Radio auf WDR2.