Todesfalle Rhein: Wasserretter üben für den Ernstfall

Stand: 06.07.2022, 19:59 Uhr

Der Rhein ist eine Todesfalle, sagen Rettungstaucher der Kölner Feuerwehr. Obwohl in Köln rund um die Uhr Rettungstaucher in Alarmbereitschaft sind und das Team der Wasserrettung drei Mal pro Woche trainiert, sind die Erfolgsaussichten, Menschen aus dem Rhein zu retten, nur gering.

Von Oliver Köhler

Menschen, die im Fluss baden gehen, unterschätzen Strömungen, den Sog von Schiffen, Strudel und Löcher im Rheinboden. Werden sie beim Baden von der Strömung mitgerissen, haben sie kaum eine Chance zu überleben.

Selbst Kinder baden im Rhein

Im Kölner Stadtteil Rodenkirchen gehen am Vormittag Wasserretter der Kölner Feuerwehr in den Rhein. An der sogenannten „Kölschen Riviera“ tummeln sich an warmen Tagen Hunderte Menschen am Strand, viele gehen auch ins Wasser. Selbst Kinder toben hier im seichten Wasser des Rheins.

Die erfahrenen Strömungsretter der Kölner Feuerwehr gehen hier nur mit Rettungsweste, Helm und Schutzanzug ins Wasser. Sie wissen: Am Ufer warten Kollegen darauf, sie aus der Strömung zu holen. Mit einem Trainingseinsatz demonstriert die Feuerwehr an der beliebten Badestelle, wie gefährlich der Rhein selbst für durchtrainierte Feuerwehrleute ist.

Einsatzleiter Marco Clemens | Bildquelle: WDR/Oliver Köhler

 „Die Hürden sind für uns, dass die Strömung sehr, sehr stark ist, dass selbst mit der Schutzausrüstung der Taucher maximal beansprucht wird“, sagt Einsatzleiter Marco Clemens von der Kölner Feuerwehr. „Der Retter muss 100 Prozent Leistung bringen. Das geht nur über einen kurzen Zeitraum.

Gelingt es nicht, die Person innerhalb von drei Minuten aus dem Rheinstrom zu retten, wird er es nicht schaffen.   Marco Clemens

Nach sechs Minuten unter Wasser sinkt die Überlebenschance

Der Feuerwehrmann, der bei der Übung den Ertrinkenden spielt, treibt auf dem Wasser, er hat ja eine Rettungsweste an. Außerdem ist er wegen der Farben von Kleidung und Weste gut sichtbar. Bei echten Opfern ist das aber meist nicht so. Sie sind im Wasser nicht so einfach zu finden. Sie können sich nicht lange an der Oberfläche halten. Beim Üben holten die Retter natürlich jeden heil aus dem Rhein - bei echten Notfällen ist das meist anders. Vor allem die Zeit spielt gegen die Retter, sagt der Leitende Notarzt Marco Strohm: „Sobald ein Mensch unter Wasser ist, bleiben wenige Minuten, dass er das ohne Hirnschaden überleben kann. Sechs Minuten haben die Menschen noch gute Chancen. Nach einer halben Stunde haben wir kaum noch Chancen, diese Menschen retten zu können.“

Taucher können Ertrinkende im Rhein nur schwer finden

Übung der Feuerwehr Köln | Bildquelle: WDR/Oliver Köhler

Die Gefahren sind auf den ersten Blick nicht sichtbar: Schiffe verursachen starken Sog, sorgen für Strudel. Die Strömung des Rheins ist tückisch. Gerade an den sogenannten Kribben, den Steinwällen, die vom Ufer ins Wasser ragen, bilden sich Wirbel und graben am Grund tiefe Löcher. Schwimmer werden in diese Löcher hineingezogen.

„Wenn man einmal untergegangen ist, ist es für unsere Taucher sehr, sehr schwierig, diese Menschen zu finden“, sagt Notarzt Strohm. „Zeugen sollten sich die Stelle genau merken, an der jemand untergegangen ist, damit wir gezielt suchen können.“

In diesem Jahr schon zwei Tote geborgen

Wenn die Retter nach einem Notruf die Einsatzstelle erreichen, muss jeder Handgriff sitzen. Deshalb trainieren die Kölner Wasserretter drei Mal pro Woche. Für Einsätze im Wasser gibt es feste Regeln - bloß keine wertvolle Zeit verlieren.  

„Beim Ausrücken weiß jedes Mitglied des Teams, welche Aufgabe es an der Einsatzstelle haben wird“, berichtet Einsatzleiter Marco Clemens. „Es gibt einen Strömungsretter. Es gibt einen Reservetaucher. Es gibt einen Taucheinsatzführer. Das ist ein vorgeplanter Einsatz, den wir dann abrufen können“.

Im Training geht alles gut aus, weil hier Retter und Gerettete Profis sind. Im Ernstfall haben Menschen, die im Rhein in Not geraten, dagegen kaum eine Chance zu überleben. Die Feuerwehr hat in diesem Jahr schon zwei Tote aus dem Rhein geborgen.

Baden und Schwimmen im Rhein ist lebensgefährlich, selbst für sehr gute Schwimmer.  

Strömungsretter der Feuerwehr Köln Lokalzeit aus Köln 06.07.2022 03:15 Min. Verfügbar bis 06.07.2024 WDR