Prozess gegen Thomas Drach – Zeuge belastet Angeklagten schwer

Stand: 27.06.2022, 19:39 Uhr

Im Prozess um Thomas Drach hat das Landgericht Köln am Montag einen Mithäftling als Zeugen gehört. Der Mann hat Drach schwer belastet. Ist seine Aussage glaubwürdig? 

Von Markus Schmitz

Das Verfahren um Thomas Drach wegen mehrerer Raubüberfälle auf Geldtransporter steht ohnehin schon unter großen Sicherheitsvorkehrungen. Am Montag kam noch eine Stufe dazu. Der Zeuge, der in dem Verfahren aussagen will, steht in einem Zeugenschutzprogramm.

Um Punkt 14.30 Uhr betreten vier Männer den Saal 112 des Landgerichts. Zwei von ihnen tragen Sturmmasken mit der Aufschrift "Zoll", es folgt der Anwalt des Zeugen und der Zeuge selbst. Unter einer schwarzen Kapuze bedeckt eine Baseballcap seinen Kopf. Er trägt eine Art Sonnenbrille mit weißem Rand. Der Mann ist so gut wie nicht zu erkennen. 

Anwälte versuchen, Aussage gegen Thomas Drach zu verhindern

Die vier Männer betreten den Verhandlungssaal zu einem Zeitpunkt, an dem noch nicht sicher ist, ob der Zeuge überhaupt vernommen werden kann. Vor allem Wolfgang Heer, der Verteidiger des Mitangeklagten von Thomas Drach, bringt immer wieder Anträge ein: Mit dem Argument, dass der Zeuge zunächst begutachtet werden müsse – wegen seines starken Drogenkonsums, oder mit dem Argument, dass sich die Verteidiger erst mit allen Dokumenten und Akten auf die Zeugenaussage vorbereiten müssten.

Der Vorsitzende Richter versucht immer wieder, die Vernehmung zu beginnen, der Verteidiger Wolfgang Heer ergreift aber immer wieder das Wort. Es entwickelt sich eine feinjuristische Diskussion. Der Zeuge, sein Anwalt und die Spezialkräfte des Zolls hören dem Schlagabtausch geduldig zu. 

Zeugenvernehmung am Landgericht Köln beginnt später als geplant

Eigentlich sollte die Vernehmung um 13.30 Uhr beginnen. Letztendlich geht es um 14.45 Uhr los. Zunächst fordert der Vorsitzende Richter den Zeugen auf, Kapuze, Kappe und Brille abzulegen. Bei der Frage nach seinem Beruf fällt plötzlich Thomas Drach ins Wort und sagt: "Ich würde sagen, Junkie."

Tatsächlich ist der 39-jährige Zeuge nach eigenen Angaben Schweißer und Metallverarbeiter.

Er sagt, dass er Anfang Januar in die JVA Köln gekommen sei. Nach einigen Wochen habe er immer wieder während des Hofgangs Kontakt zu Thomas Drach gehabt. Weil beide Kontakte in die Niederlande hatten, seien sie oft ins Gespräch gekommen. Sie hätten Billard und Tischtennis gespielt, weiteren Sport gemacht und auch zusammen gekocht. Bei einer Gelegenheit, so der Zeuge, habe Thomas Drach gesagt, dass alle Anklagepunkte gegen ihn bis auf einen zutreffen.  

Demnach sei sich Drach sehr sicher gewesen, dass das Gericht ihm nichts nachweisen könne, so der Zeuge. Wegen eines Gutachtens, das Drach anhand seiner X-Beine identifizieren solle, habe sich der 62-Jährige keine Sorgen gemacht. Zwar sehe "ein Blinder mit Krückstock, dass ich das bin", habe Drach zu ihm gesagt. Aber als Beweis reiche das vor Gericht nicht aus.

Zeuge: Drach soll weitere Verbrechen geplant haben

Der Zeuge berichtete weiter, dass Drach erneut eine Entführung geplant habe. 1996 hatte Drach den Tabakkonzern-Erben Jan Philipp Reemtsma entführt und nach einer Lösegeldzahlung wieder freigelassen. Laut des Zeugen habe Drach zunächst «die reichste Frau von Europa» entführen wollen. Dann habe er sich jedoch umorientiert und die Entführung «der zweitreichsten Frau», einer Schweizerin, in den Blick genommen. Als Lösegeld habe Drach 30 Millionen Euro erwartet.

Der Zeuge berichtete außerdem, Drach habe ihm gesagt, wenn es um seine Freiheit ginge, dann "würde er auch auf Frau und Kinder schießen".

Drach-Prozess: Will der Zeuge nur seine Haftstrafe verringern?

Der 39-jährige Zeuge sitzt in Untersuchungshaft, weil er mit Heroin in großem Stil gehandelt haben soll. Möglicherweise erhofft sich der Zeuge durch die Aussage eine geringere Strafe, vermuten im Gerichtssaal einige. Das Gericht muss die Glaubwürdigkeit des Zeugen prüfen. Bislang gab es nach fünf Monaten Verhandlung noch keine belastenden Aussagen gegen Thomas Drach. Das hat sich an diesem Prozesstag geändert. 

Über dieses Thema berichtet die Lokalzeit aus Köln am 27.06.2022 auch im WDR Fernsehen und im Hörfunk auf WDR2.