Streikende Pflegekräfte: "Auch die Bonnerinnen und Bonner unterstützen uns!"

Stand: 13.07.2022, 20:18 Uhr

Mehr als tausend Solidaritätserklärungen haben die streikenden Pflegekräfte der Uniklinik in Bonn gesammelt. Am Mittwochmorgen wurden diese Briefe dem Klinik-Vorstand überreicht.

Von Manja Momirovic

Vor der Uniklinik in Bonn ist an diesem Morgen viel los. In einem Kreis stehen dutzende Pflegekräfte – in ihrer Mitte ein Poster mit der Aufschrift „Pflege in der Wiederbelebung“ und ordentlich aufgereiht Brief neben Brief. Über 1.000 Solidaritätserklärungen von Bonnerinnen und Bonnern haben die Streikenden gesammelt. Diesen Stapel haben die Pflegekräfte am Morgen dem Klinik-Vorstand übergeben.

Elf Streikwochen sind bereits vergangen

Man sieht ein Zelt mit einem Banner, auf dem in rot "We Care For Bonn" steht.

Die Pflegekräfte streiken nun seit fast drei Monaten für bessere Arbeitsbedingungen.

Die Pflegekräfte in Bonn und den fünf anderen Unikliniken in NRW streiken bereits seit fast drei Monaten. „Das ist der längste von Pflegekräften getragene Streik in der Geschichte der Bundesrepublik“, sagt Mizgin Ciftci von der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Ihre Forderung: Entlastung für alle und mehr Personal. Das soll in einem Tarifvertrag festgeschrieben werden.

Knackpunkt schichtgenaue Entlastungen

Als Gegenpart der Gewerkschaften in den Verhandlungen hatte das Uniklinikum Bonn in zwei Gerichtsinstanzen erfolgslos versucht, den Streik zu stoppen. Knackpunkt der aktuellen Verhandlungen sind sogenannte schichtgenaue Entlastungen, die die Pfleger fordern: Wenn es in einer Schicht weniger Pflegekräfte als gesetzlich vorgeschrieben gibt, soll es ausgleichende „Freizeitpunkte“ geben. Wolfgang Holzgreve, ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des Uniklinikums Bonn will sich als Verhandler der Klinik bisher nicht darauf einlassen: Er befürchtet, dass dann noch weniger Pflegende in den einzelnen Schichten arbeiten könnten.

Versorgungseinbrüche bei den Kindern

Die Krankenpflegerin Jacqueline Kettler ist seit dem ersten Streiktag dabei. Die Anästhesie-Pflegerin im Kinderherz-Operationssaal sagt: „Selbst bei den Kindern ist es so, dass wir die Belastung spüren und dass es Versorgungseinbrüche gibt.“ Nicht nur in der Pflege, sondern in allen Bereichen fehle es dringend an Personal, bestätigt auch Wolfgang Holzgreve.

Pro Monat 800 Operationen weniger – Notfälle werden aber versorgt

Leidtragende seien die Patienten, sagt Holzgreve. „Wir haben über 1000 Patienten auf den Wartelisten für notwendige Eingriffe und pro Monat 800 Operationen weniger. Das ist eine große Belastung.

Notfälle werden am Uniklinikum Bonn aber weiter ohne Einschränkungen behandelt: Streikenden und der Klinik haben eine Notdienstvereinbarung ausgehandelt. „Wir treffen uns immer zum Schichtbeginn am Streikzelt und schauen mit der Pflegedienstleitung, wie die Stationen und OPs besetzt sind“, sagt Jacqueline Kettler. „Wir sind immer bis zum Schichtende da und abrufbereit.

Wie lange diese Situation noch anhält, hängt von den weiteren Tarifverhandlungen ab, die in den kommenden Tagen fast täglich geführt werden.

Über dieses Thema haben wir am 13. Juli 2022 im WDR Fernsehen: Lokalzeit aus Bonn, 19:30 Uhr berichtet.

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