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Ein halbes Jahr nach der Flut: Wie läuft es mit den staatlichen Wiederaufbauhilfen?
03:19 Min.. Verfügbar bis 05.01.2023.
Ein halbes Jahr nach der Flut: Wo bleiben die staatlichen Hilfen?
Stand: 05.01.2022, 16:04 Uhr
30 Milliarden Euro hatten Bund und Länder den Betroffenen der Flutkatastrophe im Juli zum Wiederaufbau zugesagt. Wie viel wurde davon bislang ausbezahlt? WDR-Recherchen zeigen: Offenbar müssen viele Menschen lange auf finanzielle Hilfe warten. Dabei brauchen sie das Geld dringend.
Von Marius Reichert
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Anna Himmes läuft dick eingepackt entlang der Ahrstraße in Schuld. Es regnet, es ist kalt, es ist grau. Ihr Jahr beginnt, statt mit Hoffnung, mit neuer Angst: Wie soll es weitergehen? Ohne Wohnung, ohne funktionierende Fahrgeschäfte.
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Antrag gestellt - noch kein Geld ausgezahlt

Nach der Flut wartet Anna Himmes auf staatliche Hilfen
Als Schaustellerin ist sie seit zwei Jahren ohne Einnahmen, lebt dauerhaft im Wohnwagen, weil Jahrmärkte wegen Corona nicht stattfinden können. "Dann kommt die Flut, zerstört auch noch alles, obwohl man sowie schon nichts mehr hast", sagt die 24-Jährige. "Man weiß nicht, wo man anfangen soll, geschweige denn, ob man es jemals wieder schafft aufzubauen."
Sie hat einen Antrag auf Wiederaufbauhilfe gestellt. Bislang hat sie kein Geld bekommen.
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Anlaufstelle für Betroffene der Flut

Uwe Malschewskis Fachwerkhaus stand unter Wasser. Jetzt wartet er auf staatliche Hilfen.
Rheinbach, Innenstadt. Am Fenster von Elke Friedrichs Büro prankt ein weißes Plakat: Flut-Büro steht darauf. Der lange schmale Raum ist Anlaufstelle für Betroffene der Flut - heute unter anderem für Uwe Malschewski. Sein Fachwerkhaus stand unter Wasser. Er hat schon viel aus eigener Kraft investiert, aber jetzt sind die Reserven fast aufgebraucht. "Es wird zunehmend enger. Man zehrt von dem und investiert auch von dem, was man gehabt hat", sagt der Rentner. Er hat Probleme mit seiner E-Mail-Adresse, kann den Status seines Antrages nicht einsehen.
Geld wird langsam knapp
Elke Friedrich, die seit November das Büro in der City leitet, kann ihm helfen. Mit einem Anruf beim Internetversorger. Sie weiß, dass bei vielen Betroffenen das Geld langsam knapp wird - ein halbes Jahr nach der Flut: "Ich wünsche mir, dass wir die Prozesse beschleunigen können, damit den Menschen schneller geholfen wird."

Elke Friedrich arbeitet in Rheinbach im Fluthilfe-Büro
Von gegenseitigen Schuldzuweisungen hält sie nichts. Mögliche Verzögerungen erklärt sie so: "Auch in den Ministerien macht sich Corona breit. Um Betrüger von wirklich Betroffenen zu unterscheiden, brauche es ordentliche Prüfungsverfahren."
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145 Millionen ausgezahlt
Das NRW-Heimatministerium hat nach eigenen Angaben bereits 145 Millionen Euro an Betroffene in den Flutregionen ausgezahlt – insbesondere vor Weihnachten und vor dem Jahreswechsel. Mehr als 60 Prozent aller sachlich richtigen Anträge seien in Bearbeitung. In wenigen Fällen stocke die Auszahlung, weil Angaben unplausibel sind.
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Hilfen in Rheinland-Pfalz stocken
In Rheinland-Pfalz dagegen, wo Anna Himmes lebt, kommt die Hilfe im Vergleich langsamer an. Der Status ihres Antrages steht seit Wochen auf "in Bearbeitung". Doch ohne staatliche Hilfe kann sie nicht wieder aufbauen. "Ich wünsche mir, dass alles es ein bisschen schneller geht, damit man ein Ende sieht, ein Licht am Ende des Weges."
Anna Himmes hat keine Reserven mehr. Wiederaufbauen – das geht nur mit staatlicher Hilfe. Vorerst bleibt der Wohnwagen an der Ahr ihr Zuhause. Denn trotz aller Erlebnisse steht für sie fest: Ihre Heimat, Schuld, will sie nicht verlassen.