Erhöhte Versandgebühren: Schallplatten-Branche bald in Existenznot?

Stand: 17.05.2022, 09:19 Uhr

Die Schallplatte erlebt ein Revival, doch jetzt fürchten viele lokale Händler und Produzenten in NRW um ihre Existenz: Die Deutsche Post will das Porto für deren beliebtestes Paketformat bis zum Fünffachen erhöhen.

Von Thorsten Risch

Ab 1. Juli will der Postdienst DHL – aktuell Hauptversenderfirma für Schallplatten in Deutschland – seine Versandgrößen ändern. Damit einher geht auch ein erheblicher Preisanstieg. Das Porto der "Warenpost international" soll zum Beispiel von zirka acht Euro auf bis zu 37 Euro angehoben werden – je nach Zielland. Für viele Vinyl-Freunde und Onlinehändler ist das deutlich zu teuer, könnte für einige sogar die Existenz bedrohen.

"Ich gehe davon aus, dass kein Plattenladen überleben wird"

Für Andy Vaz, Kölner DJ und Musikproduzent, ist es pure Leidenschaft, Platten zu kaufen, zu sammeln oder zu produzieren. Um sie zu verschicken, nutzt er seit Jahren die gleiche Paketgröße für 7,35 Euro pro Stück. Vaz ist empört über die geplanten Erhöhungen: „Das ist einfach viel zu teuer, wenn der Warenwert acht, neun Euro sind und dann der Versand ab 19 Euro kostet. Da stimmt das Verhältnis nicht mehr. Es gibt doch keinen Plattenladen, der nur mit den Leuten, die in den Laden kommen, noch überleben könnte. Ich gehe davon aus, dass kein Plattenladen überleben wird."

Versandgeschäft macht über 50 Prozent aus

Dirk Borrmann versendet fast täglich Schallplatten per DHL-Post. Seit 14 Jahren hat er einen Plattenladen in Köln-Kalk. Die Corona-Zeit war knallhart sagt er, die einzige Möglichkeit für ihn wirtschaftlich zu überleben: Der Versandhandel. 50 bis 70 Prozent macht dieser Verkauf für ihn aktuell aus. Die ansteigenden Kosten für Paket und Porto könnten für ihn zum Problem werden. "Es könnte sein, dass ich daran echt pleite gehe", sagt er.

DHL argumentiert mit Kostensteigerungen

Die Deutsche Post DHL sieht keine andere Möglichkeit, als die Preise zu erhöhen und die Paketformate zu ändern. "Die Anpassungen waren erforderlich, weil die internationalen Zustellraten und Transportkosten deutlich angestiegen sind. (...) Wir bedauern, dass einige Schallplattenhändler von diesen Kostensteigerungen in besonderem Maß betroffen sind, denken aber, dass wir unser Portfolio unter den derzeitigen Rahmenbedingungen auch im Sinn der allermeisten unserer Kunden bedürfnisgerecht weiterentwickelt haben", antwortet die Deutsche Post AG auf WDR-Anfrage.

Alternativen für einen versicherten Versand mit Nachverfolgung gibt es aktuell wenige. Dirk Borrmann hat daher eine Online-Petition gestartet, 7500 Unterstützer hat er bereits gewonnen. "Wenn man einen Kompromiss finden könnte, wie eine kleinere Preissteigerung – das würde uns auf gut Deutsch warscheinlich schon den Arsch retten", ist er überzeugt.

Steigender Trend zum Schallplatten pressen

Es sind die kleinen Händler wie Borrmann, die unter den Änderungen bei der Deutschen Post am meisten leiden. Dabei wurde Vinyl erst vor einigen Jahren von den Plattenfirmen wiederentdeckt. Neben Mp3 und auf CD veröffentlichen viele Bands auch wieder LPs. 2009 wurden von den großen Musikverlagen etwa 500.000 Vinyl-Platten gepresst. 2021 waren es schon 4,5 Millionen – Tendenz steigend. Und der Second-Hand-Markt ist ungeahnt größer, da sind sich die Vinyl-Fans einig.

Über dieses Thema berichtet der WDR am 17.05.2022 in der Lokalzeit aus Düsseldorf um 19.30 Uhr.

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