Angriff auf Mann mit Kippa
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Angriff auf Mann mit Kippa: Kein antisemitischer Hintergrund
Stand: 18.04.2023, 17:27 Uhr
Der Prozess um einen angeblich judenfeindlichen Angriff auf einen Mann ist mit der Zahlung von Schmerzensgeld eingestellt worden. Überraschenderweise konnte sich der Geschädigte nicht mehr an bestimmte Beschimpfungen erinnern.
Von Jochen Hilgers und Markus Schmitz
In der Anklageverlesung trug der Staatsanwalt noch vor, dass einer der Angreifer den damals 18-Jährigen als „Scheiß Juden“ bezeichnet haben soll. Mitten in der Kölner Innenstadt hatten mehrere junge Männer den Geschädigten geschlagen und getreten, mit dem Resultat, dass der 18-Jährige, gläubiger Jude, schwer verletzt wurde.
Damals hatte das Opfer der Polizei gesagt, dass er von mindestens einem Angreifer antisemitisch beleidigt wurde. Bis zum Prozess am Dienstag gingen viele davon aus, dass der Geschädigte diese Aussage wiederholen wird. Doch dann die Überraschung: Eine Beleidung habe es gegeben, aber ob der Ausspruch „Scheiß Jude“ gefallen war, könne er heute nicht mehr sagen.
Angreifer haben Kippa nicht gesehen
Die Angeklagten bestritten, den Mann in dieser Form beleidigt zu haben, auch eine Kippa hätten sie nicht gesehen. Nach einem Rechtsgespräch stellte die Richterin am Kölner Amtsgericht fest, dass ein antisemitischer Hintergrund offenbar nicht der Auslöser für die Auseinandersetzung war. Sie stellte das Verfahren gegen Auflagen ein. Drei Angeklagte müssen nun insgesamt Schmerzensgeld von 1.400 Euro zahlen.
Weitere Auseinandersetzung
Vor Gericht kam am Dienstag auch noch eine weitere Auseinandersetzung des Geschädigten zur Sprache. Wochen nach dem Angriff in der Kölner Innenstadt gab es eine Prügelei zwischen dem 18-Jährigen und weiteren Kontrahenten. Damals hatte er der Polizei gesagt, dass der Auslöser für den Konflikt auch antisemitisch motiviert gewesen sei. Später zog er diese Aussage laut Gericht wieder zurück. „Das spielt dann irgendwo auch für die Glaubwürdigkeit des Zeugen eine Rolle“, sagte eine Gerichtssprecherin am Rand des aktuellen Prozesses.
Eigentlich waren in dem Verfahren vier junge Männer angeklagt. Ein Beteiligter hatte sich nach Angaben der Richterin schon vor einiger Zeit in die Türkei abgesetzt. Die drei weiteren Angeklagten haben geschwiegen und die Tat laut ihrer Anwälte bestritten.
Polizeiüberwachung liefert Bilder
An dem Ort des Übergriffs filmte eine Kamera der Kölner Polizei Teile der Attacke. Die Ermittler konnten kurz danach zwei Männer festnehmen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass vier junge Männer an dem Angriff beteiligt waren. Laut Kölner Amtsgericht haben zwei der vier Angeklagten die deutsch-türkische und die zwei weiteren die deutsche Staatsangehörigkeit.