Hilfsbesuche im Flutgebiet

03:36 Min. Verfügbar bis 01.02.2024

Hinter jedem Fenster ein Schicksal

Stand: 01.02.2023, 12:17 Uhr

Eineinhalb Jahre nach der Flutkatastrophe sind Betroffene im Rhein-Sieg-Kreis mit dem Wiederaufbau beschäftigt. Die Probleme: Handwerkermangel, Materialprobleme, fehlende Gutachten. Hilfsorganisationen bieten „aufsuchende Hilfe“ zur Unterstützung an.

Von Marius Reichert

Viel packt Elke Friedrich nicht ein in ihren Rucksack. Laptop, einen Block, ein paar Flyer. Gleich will die Leiterin des Malteser-Flutbüros in Rheinbach losfahren. Ihr Ziel: Flutgebiete in der Region besuchen. Dort will sie mit Menschen, die sie bereits kennt oder kennenlernen will, ins Gespräch kommen, beraten, beim Antragsstellen helfen. „Wir haben gemerkt, dass die Hürde groß ist, in ein Büro zu kommen. Da ist es einfacher, wenn die Hilfe direkt zu einem nachhause kommt“, sagt Elke Friedrich. 

Noch immer keine Heizung 

Lars Hallek lebt mit seiner Familie seit der Flut in einem Provisorium. Die Räume im Erdgeschoss sind kalt, an manchen Stellen beginnt es zu schimmeln. „Wir warten immer noch auf eine neue Heizung. Neues Lieferdatum: nächstes Jahr“, schildert der junge Mann aus Swisttal-Essig Elke Friedrich, die ihn heute besucht. Dick eingepackt sitzen die beiden im Esszimmer, trinken eine Tasse Kaffee - bei etwa zwei Grad. 

Elke Friedrich von den Maltesern im Gespräch mit Lars Hallek.

Elke Friedrich von den Maltesern im Gespräch mit Lars Hallek. Der IT-Experte wartet immer noch auf eine Heizung.

Lars war nicht versichert. Er hat Geld vom Land und von Hilfsorganisationen bekommen - auch dank Elke Friedrichs Vermittlung. Das reicht aber nicht. „Man ist fast schon schockiert, wie schnell das Geld aufgebraucht ist für alle das, was man bei so einem Wiederaufbau braucht“, sagt er. Elke Friedrich will ihn beraten, wie weitere finanzielle Unterstützung - etwa für Hausrat - aussehen kann. 

Psychische Belastung nimmt zu 

Und sie ermutigt ihn, über das Erlebte zu sprechen. „Bei vielen Betroffenen werden die Erlebnisse erst jetzt zum Problem“, weiß die Flutberaterin. Die aufsuchende Hilfe soll auch das erreichen: Angebote unterbreiten, Fachleute vermitteln. Elke Friedrich versteht sich nicht als Klinkenputzerin. Sie will, dass sich Gespräche spontan ergeben - und genau das klappt. Ein kurzer Plausch mit einer Hundebesitzerin. Sie will sich demnächst bei Elke Friedrich melden. 

Denkmalschutz sorgt für Probleme

Ihre zweite Station heute ist Flerzheim. Dort hat sie den Hinweis erhalten, dass es bei einem Landwirt in Sachen Wiederaufbau massiv stockt, weil der Denkmalschutz besondere Gutachten erfordert. „Wir sind angewiesen darauf, dass uns jemand einen Tipp gibt, wo man mal anklopfen sollte“, sagt sie. „Das Angebot ist freiwillig. Man kann auch jederzeit sagen, dass man keine Hilfe mehr in Anspruch nehmen möchte.“

Auch dem Landwirt kann Elke Friedrich helfen. Sie will ihr Netzwerk bemühen und ihm Handwerker vermitteln, die sich mit Denkmalschutz auskennen. 

Über dieses Thema berichteten wir am 31. Januar 2023 im WDR Fernsehen: Lokalzeit aus Bonn, 19:30 Uhr.