Prozess um sexualisierte Gewalt - Aussage einer Mutter

Stand: 20.12.2022, 12:28 Uhr

Im Prozess um sexualisierte Gewalt gegen einen Mann, der zuletzt in Wermelskirchen wohnte, hat eine Mutter vor dem Landgericht ausgesagt. Dem Angeklagten werden mehr als 120 Fälle vorgeworfen.

Von Markus Schmitz

Der jetzt 45 Jahre alte Angeklagte soll sich an den beiden Söhnen der Zeugin vergangen haben. Er war der Babysitter der beiden. Die Jungs hätten damals immer wieder gefragt, wann Marcus R. wieder auf sie aufpasst, so die Mutter vor Gericht.

Während ihrer Zeugenaussage wirkt die jetzt 51 Jahre alte Mutter sehr gefasst. Als der Vorsitzende Richter sie auffordert, den Angeklagten anzuschauen, um sagen zu können, ob er sich verändert habe, wird es still. Die Frau muss innehalten. Sie bekommt ein Taschentuch gereicht. Die Gefasstheit der zweifachen Mutter endet an dieser Stelle. Nach einigen Momenten, sagt sie, dass es ein Riesenschock gewesen sei, als sie davon hörte, dass ihre Söhne von dem Angeklagten missbraucht worden sein sollen.

Die Mutter hatte den Mann jahrelang als Babysitter beauftragt. Sie habe sich monatelang Vorwürfe gemacht. Sie habe etwas Schönes erlebt, während ihre Kinder gequält wurden, sagt sie. Daran sei sie fast zerbrochen. Aber sie müsse weitermachen, um ihre Söhne zu unterstützen.

Fünf Euro die Stunde

Im Jahr 2008 hatte die Frau eine Annonce geschaltet. Die alleinerziehende Polizistin suchte nach eigener Aussage einen Babysitter, um einmal im Monat etwas Zeit für sich zu haben. Daraufhin habe sich der jetzt Angeklagte gemeldet. Ihr Eindruck sei gut gewesen. Da der Vater der Söhne sich nicht mehr gekümmert habe, hatte sie gehofft, dass ein männlicher Babysitter die Lücke vielleicht etwas hätte schließen können, sagte sie vor Gericht.

Prozess im Missbrauchskomplex Wermelskirchen vor dem Landgericht Köln

Der Angeklagte hat ein Geständnis abgelegt.

Die Mutter erinnert sich, dass die Jungs ihn sehr mochten. Er habe mit ihnen geduldig Lego oder Kaufladen gespielt und ihnen vorgelesen. Wenn er zur Tür hereinkam, hätten ihre Söhne ihn angesprungen und sich riesig gefreut, sagt sie aus. Zeit für ein kurzes Gespräch habe es oft nicht gegeben, weil er von den Jungs sofort ins Kinderzimmer geführt worden sei. Der Angeklagte sei damals mit einem hochwertigen Audi angefahren gekommen – für eine Stunde Kinderbetreuung habe er fünf Euro verlangt.

„…es zerreißt mir das Herz!“

Die Ermittlungen in dem Fall begannen viele Jahre nach den Übergriffen. Die Mutter wurde bei den Vernehmungen auch mit Fotos und Videos konfrontiert. Der Angeklagte hat die meisten seiner Taten gefilmt.

Als das während der Zeugenaussage im Landgericht zur Sprache kommt, wird es wieder still. Mit brüchiger Stimme beschreibt die Mutter eine Situation ihres jüngsten Sohnes: "Wie er vor Schmerzen gewimmert hat, zerreißt mir das Herz."

Wie er vor Schmerzen gewimmert hat, zerreißt mir das Herz. Mutter der missbrauchten Söhne

Die Söhne können sich nach Angaben der Mutter nicht an die Übergriffe erinnern. Sie sollen von dem Angeklagten im Schlaf missbraucht worden sein. Laut der Ermittlungen hat der Angeklagte ihnen in einigen Fällen Schlafmittel gegeben.

Es habe sich ein freundschaftliches Verhältnis zwischen Angeklagtem und der Familie entwickelt. Das habe sogar dazu geführt, dass der Babysitter Patenonkel eines Sohnes wurde.

Später soll der Mann der Mutter viel Geld geliehen haben. Diese Tatsache mündete später in einen separaten Rechtsstreit.

Der Vorsitzende Richter fragte die Mutter, ob der Angeklagte persönliche Worte an sie richten dürfe. Das lehnte sie deutlich ab.