Zoll-Kontrollen in Kölner Nagelstudios

Hinweise auf Zwangsarbeit in Nagelstudios in Köln und Bergheim

Stand: 21.06.2022, 10:50 Uhr

Beamte des Kölner Hauptzollamtes treffen bei Kontrollen in Nagelstudios regelmäßig auf Vietnamesen ohne Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung.

Von Oliver Köhler

Bei fast jeder Kontrolle in Nagelstudios treffen Beamte des Hauptzollamtes Köln auf junge Frauen und Männer aus Vietnam, die weder eine Arbeits- noch eine Aufenthaltserlaubnis für Deutschland haben. Oft wurden den illegalen Arbeitern von ihren Arbeitgebern die Pässe abgenommen, berichten Zöllner.

Aus mehreren Verfahren weiß der Zoll, dass junge Vietnamesinnen und Vietnamesen von Schleppern gezielt zur Arbeit in Nagelstudios, Massagesalons und Bordellen nach Deutschland gebracht werden.

Ungültige Touristenvisa

In der Severinstraße in der Kölner Südstadt flackern alle paar Hundert Meter Werbetafeln und Infomonitore von asiatischen Nagelstudios. Das Verlängern und Stylen von Finger- und Fußnägeln ist offenbar ein einträgliches Geschäft.

In einem der Studios konnte am Montag nur noch die Geschäftsführerin Kundinnen bedienen. Die anderen drei aus Vietnam stammenden Mitarbeiter, die hier offenbar Nägel aufhübschen sollten, waren auf dem Weg ins Kölner Polizeipräsidium.

"Beamte der Finanzkontrolle Schwarzarbeit haben festgestellt, dass sie entweder keine Papiere oder nur ungültige ungarische Touristenvisa vorweisen können", sagte der Sprecher des Hauptzollamtes Köln, Jens Ahland, dem WDR. "Pässe haben sie jedenfalls nicht dabei."

Die Polizei soll jetzt anhand von Fingerabdrücken prüfen, ob die drei mutmaßlichen Schwarzarbeiter in der EU schon einmal erkennungsdienstlich behandelt wurden.

Mutmaßliche Schwarzarbeiter angeblich zufällig in Nagelstudio

Die Geschäftsführerin des Nagelstudios berührte es offenbar nicht, dass die drei zur Polizei gebracht wurden. "Sie gibt an, die drei seien nur zufällig in dem Nagelstudio gewesen. Sie kenne sie gar nicht", berichtete ein Zöllner.

Warum die beiden nur mit Sandalen oder Badeschlappen, dünnen Hosen und T-Shirts bekleideten Männer und die Frau plötzlich in ihr Nagelstudio gekommen seien, könne sie nicht erklären.

Ob die beiden Männer und die Frau dem Zoll Auskunft geben werden, ist ungewiss. "Häufig haben sie Angst vor ihren Schleusern", sagt Zollsprecher Jens Ahland. Die meisten haben eine wochenlange Reise von Vietnam über die Russische Föderation, Polen und die Drehscheibe Berlin hinter sich. Für diese Schleusung müssen sie Geld bezahlen, da sie aber erst in Nagelstudios, Massagesalon oder Bordellen in Deutschland verdienen müssen."

Schläge und Vergewaltigungen

Der Familie in der Heimat drohten Schwierigkeiten mit den Schleusern, wenn sich die Männer und Frauen hier nicht fügten. Und eine der Grundregeln heißt offenbar Schweigen.

"Die wenigen, die ausgepackt haben, berichten von Schlägen und Vergewaltigungen", so Jens Ahland.

Die jungen Frauen und Männer hoffen offenbar, dass sie mit der Arbeit in Deutschland so viel Geld verdienen, dass sie die Schulden für die Schleusung rasch abgetragen, und dann ihre Familien in der Heimat unterstützen können.

Arbeit für ein Taschengeld

Zu den Lebensverhältnissen und dem Einkommen in Deutschland ist nur wenig bekannt. "Wir haben Menschen angetroffen, die in Lagerräumen in Nagelstudios hausten. Wenn sie eine bessere Bleibe mit einem Bett wollen, müssen sie dafür hohe Preise zahlen", sagt Ahland. Dann bliebe von dem "Taschengeld", dass sie für ihre Arbeit bekämen selten genug übrig, um es in die Heimat zu schicken.

Gegen die Betreiberin des Nagelstudios auf der Kölner Severinstraße hat die Kölner Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren eingeleitet. Das Studio, ihre Wohnung und ihre Sportwagen wurden durchsucht.

Betreiber haben zweites Nagelstudio in Bergheim

Gleichzeitig hat der Zoll bei einer Kontrolle in einem zweiten Geschäft der Frau in Bergheim zwei weitere Vietnamesen ohne Papiere angetroffen.

In Bergheim führt der Ehemann die Geschäfte. Während Zoll und Staatsanwaltschaft nun mit langwierigen Ermittlungen gegen das Ehepaar beschäftigt sind, gehen die Geschäfte mit den eingeschleusten Männern und Frauen aus Vietnam in fast jeder Einkaufsstraße und fast jedem Rotlichtviertel weiter.

Über dieses Thema berichtet das WDR-Fernsehen am 21.06.2022 in der Lokalzeit aus Köln um 19.30 Uhr.

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