Mehr als 500 Landwirte demonstrieren in Bonn

Stand: 15.08.2022, 17:53 Uhr

Aus vielen Teilen von NRW und auch aus anderen Bundesländern sind heute Hunderte Traktoren nach Bonn gerollt. Insgesamt kamen mehr als 500 Landwirte, um vor dem Bonner Sitz des Bundeslandwirtschaftsministerium zu demonstrieren. Denn die EU-Kommission plant, Pflanzenschutzmittel auf vielen Flächen bald komplett zu verbieten.

Von Jörg Sauerwein

Landwirt Klaus Weber aus Lohmar hat große Sorgen. Mehr als 80 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen im rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis sind als Schutzgebiete ausgewiesen: „Naturschutz, Wasserschutz, Vogelschutz und so weiter – und überall dort sollen wir bald keine Pflanzenschutzmittel mehr einsetzen dürfen.“

Große Existenzängste auf den Höfen

Denn genau das ist der Plan der EU-Kommission: In allen Schutzgebieten sollen Pflanzenschutzmittel bald komplett verboten werden. Ohne diese Mittel aber könne man keine vernünftigen Erträge erzielen, also sei ein wirtschaftlicher Betrieb nicht mehr möglich, befürchten die Landwirte. Denn der Rhein-Sieg-Kreis ist bei den Schutzgebieten keine Ausnahme. Auch in anderen Regionen sind große Flächen entsprechend ausgewiesen und könnten von einem Verbot betroffen sein.

Deshalb spricht zum Beispiel Bernd Nellen, der extra aus dem Rhein-Kreis Neuss nach Bonn gekommen ist, von großen Existenzängsten. Er habe selbst noch 20 Jahre Arbeit vor sich. Seinem Junior könne er gerade aber nicht mehr empfehlen, den Betrieb noch weiterzuführen.

Spürbare Angst und Wut unter den Demonstranten

Viele Landwirte mit ihren Protest-Schildern bei der Demo in Bonn

Landwirte demonstrieren in Bonn

Die Politiker sollten mehr mit den Landwirten reden, anstatt über ihre Köpfe hinweg zu entscheiden, ärgern sich einige. Und als sich eine zuständige Staatssekretärin aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium den Fragen der Demonstranten stellt, wird es laut. „Schämt Euch was – die ganzen Politiker – schämt Euch“, schimpft ein Landwirt aus dem Emsland.

Bundesregierung will in Brüssel noch verhandeln

Bisher sei es allerdings nur ein Vorschlag, der bei der EU-Kommission auf dem Tisch liege, versucht Staatssekretärin Silvia Bender zu beruhigen. Das Ministerium und die Bundesregierung werden sich das alles im Detail genau anschauen, auch mit Blick auf die Auswirkungen für die Betriebe. Dann werde entsprechend verhandelt. Sie ist überzeugt: „Das, was dort jetzt liegt, wird am Ende so nicht kommen.“

Diesen Optimismus teilen die Landwirte allerdings nicht. Deshalb ist auch Weinbauer Alex Krämer aus dem rheinland-pfälzischen Ingelheim extra nach Bonn gekommen. In vierter Generation gibt es seinen Betrieb inzwischen. Allerdings liegen fast die gesamten 26 Hektar seiner Weinberge in Schutzgebieten. Ein komplettes Verbot von Pflanzenschutzmitteln wäre das Ende seines Weinbaubetriebes, ist er überzeugt. Deshalb sei er im Moment nur noch ratlos.

Friedliche Proteste – noch!

Im September soll der Vorschlag in Brüssel diskutiert werden. Bis dahin wollen die Landwirte weiter kämpfen und demonstrieren. Im Moment sind sie noch friedlich, aber einer warnt am Rande der Demo in Bonn schon: Wir werden bestimmt nicht bis zum Schluss friedlich zugucken, wie die Politik unsere Zukunft zerstört.

Über dieses Thema berichten wir am 15. August 2022 im WDR Fernsehen: Lokalzeit aus Bonn, 19:30 Uhr

Weitere Themen