Mehrere Trecker stechen in einer Reihe auf einer Autobahnbrücke

Erneut Bauernproteste in NRW aus Solidarität mit niederländischen Kollegen

Stand: 12.07.2022, 20:14 Uhr

Deutsche Landwirte haben am Montagabend erneut auf mehreren Autobahn-Brücken in NRW protestiert. Sie solidarisierten sich mit den Bauernprotesten in den Niederlanden.

Hunderte Landwirtinnen und Landwirte in NRW haben am Montagabend erneut auf Autobahn-Brücken demonstriert. Damit wollten sie ihre Solidarität mit den Bauernprotesten in den Niederlanden zeigen, aber auch auf eigene Sorgen hinweisen.

Bauernproteste über mehreren Autobahnen in NRW

Protestiert wurde unter anderem auf Brücken über der A2 bei Verl in Ostwestfalen, der A3 bei Kleve, der A31 bei Heek und der A57 zwischen Köln und Neuss. Anders als in den Niederlanden wurden aber keine Zufahrten oder Fahrbahnen gesperrt. Auch im Kreis Heinsberg hat es Mahnwachen gegeben.

Im Nachbarland protestieren Bäuerinnen und Bauern schon seit Tagen gegen ein Gesetz, das den Einsatz von Stickstoff als Dünger deutlich begrenzt.

"Die Zündschnur bei den Bauern wird immer kürzer", sagte ein Sprecher der Demonstranten in Ostwestfalen dem WDR. Viele Landwirtinnen und Landwirte seien besorgt, dass immer mehr Entscheidungen über ihre Köpfe hinweg getroffen werden könnten. Vor allem eine neue Düngeverordnung verärgert die Landwirte in Ostwestfalen. Damit würden Mangelernten in Kauf genommen, so der Sprecher.

Denn nach Ansicht vieler Bäuerinnen und Bauern braucht der Brotweizen mehr Dünger, als er in Zukunft noch bekommen darf. Damit werde der Anbau unrentabel und Deutschland gezwungen, Weizen aus anderen Ländern zu importieren. Viele Betroffene befürchten daher ein Höfesterben wie in den benachbarten Niederlanden.

Proteste in NRW auch schon vergangene Woche

Proteste von Bauern in NRW, die sich mit ihren Kollegen in den Niederlanden solidarisieren, gab es auch schon am Donnerstagabend im Kreis Kleve auf Brücken an der A57. Auch da wurde der Autoverkehr nicht gestört.

An der A61 in Nettetal (Kreis Viersen) unterstützten deutsche Bauern in der vergangenen Woche ebenfalls die Proteste im Nachbarland.

Eskalation der Bauernproteste in den Niederlanden

Bei den Protesten in den Niederlanden kam es bereits zu Eskalationen: Die Landwirte blockierten Autobahnen und Großlager von Supermarktketten. Die Polizei schoss auf Traktoren und richtete Waffen auf die demonstrierenden Landwirte. Verletzt wurde niemand. In NRW verlief der Protest bislang friedlich.

Niederlande überschreiten EU-Grenzwerte 

Seit Jahrzehnten überschreiten die Niederlande EU-Grenzwerte für Stickstoff-Ausstoß. Alle Pläne, die Belastung zu reduzieren, hätten bisher nichts gebracht, sagt die Regierung. Bis 2030 will sie den landesweiten Stickstoff-Ausstoß halbieren.

Das könne nur mit deutlich weniger Viehbestand erreicht werden, so die Regierung. Jeder dritte Betrieb in den Niederlanden könnte deswegen vor dem Aus stehen. Diese Entwicklungen machen auch deutschen Landwirten Sorge, sagte vergangene Woche Landwort Christoph Markett aus Rees.

"Wir deutschen Bauern befürchten, dass diese scharfen Auflagen, die die Holländer jetzt hart treffen werden, auch zu uns kommen. In den letzten Jahren ist das meist so gewesen und da haben wir echt Angst vor."

In Deutschland werden EU-Grenzwerte ebenfalls stellenweise überschritten

Auch in Deutschland werden nach Angaben von Maximilian Hofmeier, Landwirtschaftsexperte des Umweltbundesamtes (UBA), die Grenzwerte stellenweise überschritten. In NRW sei der Nordwesten betroffen. Dort würden in der Landwirtschaft hohe Mengen an Ammoniak freigesetzt. Vor allem Schweine trügen dazu bei. Durch zuviel Ammoniak würden Ökosysteme wie Magerrasen und Moore belastet, die dadurch verschwinden könnten.

Dem UBA-Experten zufolge kann durch technische Möglichkeiten der gasförmige Ammoniak reduziert werden. Dies seien etwa Absaugvorrichtungen im Stall oder Abdeckung von Güllelagern.

Wohl keine Eskalation des Konflikts wie in den Niederlanden

Eine Eskalation des Konfliktes wie in den Niederlanden gilt in Deutschland derzeit als eher unwahrscheinlich. Der Rheinische Landwirtschafts-Verband teilte mit, man setze bei diesem Thema auf eher auf "Kooperation statt Konfrontation".

Hinzu kommt: In den Niederlanden gibt es laut UBA viel mehr Tiere als in Deutschland - bezogen auf die landwirtschaftliche Fläche. Dort seien die technischen Möglichkeiten erschöpft, da helfe wohl nur eine Reduzierung des Tierbestandes. In Deutschland hingegen gebe es noch Möglichkeiten, die Ammoniak-Emission zu reduzieren.

Über dieses Thema berichtete der WDR am 12.07.2022 auch in den Hörfunknachrichten und am 10.07.2022 in der "Aktuellen Stunde" im WDR Fernsehen.