"Schön, dass ihr da seid!", rufen die Mädchen und Jungen ihren beiden Lehrerinnen im Chor zu. Sie sitzen friedlich im Sonnenschein auf einer Bank im Pausenhof. Eine große hölzerne gelbe Giraffen-Figur schaut ihnen dabei über die Schulter. "Ihr habt ja schon angefangen, in der Giraffensprache zu sprechen", freut sich Mediatorin Nadine Langemeyer über die freundliche Begrüßung durch ihre Schüler der Krefelder Grotenburgschule.
Nadine Langemeyer ist nicht alleine gekommen. An den Händen trägt sie jeweils eine Giraffen- und eine Wolf-Handpuppe. Die unterstützen sie im Unterricht immer wieder, in Rollenspielen zu lernen, konfliktfrei miteinander umzugehen. Und das geht tierisch gut, meint die Grundschullehrerin. Egal ob zu zweit oder zu dritt. Dann mischt auch der Fuchs als drittes Tier im Bunde mit.
Giraffensprache verhindert Streit oder Gewalt
Wenn es Streit im Klassenraum - aber auch zuhause - gibt, sollen die Schüler der Grotenburgschule in Krefeld diesen möglichst konfliktfrei lösen. Also kein Schimpfen, Schreien oder gar Hauen. Denn darum geht es bei der gewaltfreien Kommunikation, die dort schon ab der ersten Klasse unterrichtet wird. Wichtig ist dabei die so genannte Giraffensprache.

Eine plüschige Stoff-Giraffe sitzt auf dem Schoß von Krefelder Grundschülern und hilft beim Rollenspiel zur gewaltfreien Kommunikation.
Es gibt einen Drei-Schritte-Weg zur so genannten Giraffensprache, den die Kinder der Grotenburgschule fast wie ein Gebet verinnerlicht haben. Ein Schritt heißt: "Ich sage, was mich stört, ohne zu beleidigen", liest eine Schülerin von der Tafel vor.
Auch ein Wolf hat Gefühle - und ist nicht gemein
Das Konzept stammt vom amerikanischen Psychologen Marshall Rosenberg, einem der Urväter der gewaltfreien Kommunikation. Dabei spielen zwei Tiere eine entscheidende Rolle. Die Giraffe natürlich - aber auch der Wolf. Ob der klassisch böse ist? Wenn es nach den Kindern geht schon: "Die Giraffe ist viel netter. Der Wolf ist gemein!" - meint ein Junge. "Der Wolf ist nicht gemein" - erklärt Nadine Langemeyer. "Er hat nur noch nicht gelernt, über seine Gefühle zu sprechen."

Auf dem Fernsehbildschirm streiten sich ein Comic-Bär, ein Comic-Fuchs und ein Comic-Dachs.
Gerade das aber sollen die Grundschüler lernen. Ihre Wünsche und Gefühle äußern, ohne jemand Anderen dabei verbal oder emotional zu verletzen. Das klappt nicht immer, gibt Lehrerin Charlotte Stulier zu: "Es wird nach wie vor gestritten und auch mal gehauen, aber wir können mit wenigen Worten den Streit beenden, weil die Kinder auf Wörter wie "Wolfssprache" sofort reagieren."
Giraffen haben ein großes Herz
Mediatorin Langemeyer freut sich als Mutter eines ehemaligen Schülers über den Erfolg der Giraffensprache an der Grotenburgschule in Krefeld. Sie ist Kommunikationstrainerin und hat die Idee mitgebracht. Denn ihr war aufgefallen, dass sich die Kinder zunehmend schwer getan haben, ihre Gefühle zu beschreiben. Und warum kann dabei ausgerechnet die Giraffe helfen? "Es ist das Säugetier auf der Welt, dass an Land lebt und das größte Herz hat. Das ist ungefähr 12 Kilo schwer und deswegen eignet sich die Giraffe so wunderbar als Symbolfigur für die Herzenssprache."
Giraffe vs. Wolf - Gewaltfreie Kommunikation in der Schule
03:25 Min.. Verfügbar bis 05.04.2023.