Per Enkeltrick eine Viertelmillion erbeutet - Haftstrafe für Betrügerin

Stand: 21.04.2022, 12:28 Uhr

18 Monate muss eine Frau ins Gefängnis, die von einer Seniorin per Enkeltrick 250.000 Euro erbeutete – aber nicht weit damit kam.

Von Wolfram Lumpe

Die 81-jährige Wuppertalerin ahnt nichts Böses, als im Dezember das Telefon schellt. Am anderen Ende: ein angeblicher Anwalt namens "Dr. Michael Brandt". Die Tochter der Seniorin habe einen schweren Unfall verursacht, sagt er. Opfer sei eine im achten Monate schwangere Frau. So schildert die Staatsanwältin das Telefonat beim Prozess am Wuppertaler Amtsgericht.

Bezahlen - und das schnellstens 

Was sich am Ende als perfide Version des so genannten Enkeltricks herausstellen wird, versetzt die Seniorin in Angst und Schrecken, sagt sie bei ihrer Aussage im Prozess. 

"Dr. Brandt" sagt ihr, das Kind im Mutterleib sei schon tot, die Mutter im Koma. Entweder zahle sie jetzt sofort 120.000 Euro oder er könne nichts mehr für ihre inhaftierte Tochter tun. Die alte Dame packt Schmuck und Geld zusammen, Wert: 250.000 Euro. 

Psychischer Druck ohne Pause 

Der Mann am Telefon redet unablässig auf sie ein. Auch als es schellt, bleibt er dran. Es ist die jetzt verurteilte Frau. Nur zum "etwas abholen" und ansonsten unwissend sei sie aus ihrer Heimat Polen eingereist, wie sie dem Gericht sagt. Die Seniorin will einen Ausweis sehen, die Frau hat keinen. Beide streiten. Der Mann am Telefon macht Druck. 

Die Abholerin bekommt schließlich die Tasche und rennt los. 

Helden-Handwerker 

Kevin F. und Ronny M. bauen im Nebenhaus Fenster ein, bekommen alles mit und greifen ein. Sie rennen hinterher und halten die Abholerin schließlich fest, bis die Polizei kommt. "Wir sind schon stolz, das Richtige getan zu haben", sagt Kevin F., "aber das hat uns auch nachdenklich gemacht. Eine Täterin ist gefasst, morgen kommt der nächste."

Bedrohung Enkeltrick

Eine leider wohl richtige Einschätzung. Der Enkeltrick hat System, Hintermänner, Drahtzieher. Das betont im Prozess auch der Ermittlungsleiter der Polizei. Ein Indiz: Die Täterin telefoniert noch im Streifenwagen und hat schon wenig später eine Anwältin. "Bei einem schnell engagierten Kurier würde das nicht passieren, bei jemandem aus der Familie schon", so der erfahrene Kripo-Beamte. Mit "Familie" meint er: "Hinter diesen Taten stehen gut organisierte Clans. Der massive Druck per Telefon ist Teil des Systems". Die geständige Angeklagte für das Gericht auch. Eine Bewährungsstrafe komme für sie daher nicht in Betracht. 

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