Drach-Prozess - Gutachter wegen Befangenheit entbunden

Stand: 07.10.2022, 16:38 Uhr

Im Prozess um den Reemtsma-Entführer Thomas Drach ist ein Sachverständiger jetzt nicht mehr Teil des Verfahrens. Er soll einem Journalisten Geld für positive Berichterstattung geboten haben.

Von Markus Schmitz

Ein Gutachter aus Bayern, der unter anderem über das Gangbild des Angeklagten Thomas Drach Auskunft gegeben hat, ist vom Gericht von seinen Aufgaben entbunden worden. Die Kölner Staatsanwaltschaft und die Verteidiger hatten das beantragt. Anlass dafür gab der Gutachter selbst. Er soll in der vergangenen Woche einem Kölner Journalisten in der Mittagspause einen Hundert-Euro-Schein in die Hand gedrückt und gesagt haben: "Damit Sie mich nicht ganz so schlecht aussehen lassen." Der Reporter nahm das Geld nicht an. Der Gutachter soll nachgehakt haben, indem er sagte, dass er grundsätzlich Trinkgeld gebe, zum Beispiel auch seinem Schuhputzer.

Der Journalist meldete das der Staatsanwaltschaft, die wiederum andere Beteiligten informierte. In einer Stellungnahme bestritt der Gutachter, dass sich das Gespräch so abgespielt hat. Das Gericht sagte heute klar, dass es keinen Zweifel daran habe, dass die Version des Journalisten richtig sei.

"Fachlich und charakterlich ungeeignet"

Der Sachverständige hatte ein Gutachten, unter anderem zum Gangbild von Thomas Drach in Auftrag bekommen. Er sollte herausfinden, ob der Gang eines Täters auf Aufnahmen einer Überwachungskamera mit dem tatsächlichen Gang des Angeklagten übereinstimmt. Schon bei der Vorstellung gab es Kritik von Seiten der Verteidiger. Außerdem waren sich die Anwälte der beiden Angeklagten einig, dass der Gutachter nicht über die nötige Qualifikation verfüge. Der vorsitzende Richter sagte, dass es an dem Gutachter Zweifel gebe, dass er geeignet sei. Ein Verteidiger des Reemtsma-Entführers Drach sagte, dass der Mann "fachlich und charakterlich" ungeeignet sei. Das Gutachten wird nicht verwertet.

Das Gericht ließ bislang offen, inwieweit das Honorar für den Gutachter beglichen werden muss. In Zivilprozessen gebe es häufiger einen Wechsel von Sachverständigen, da sei es möglich, Honorare auch zu reduzieren, so ein Sprecher des Landgerichts.

"Sachverständiger zieht sich ebenfalls zurück" 

In einer Stellungnahme schrieb der Gutachter, dass er mittlerweile aufgrund seines Auftrags vor dem Landgericht in Köln gesundheitliche Probleme habe. Vor allem wegen der dauernden Kritik eines Verteidigers an ihm.

Nun hat die Suche nach einem neuen Gutachter begonnen. Das könnte Prozess weiter verzögern. Nach der ursprünglichen Planung sollte schon im September das Urteil gesprochen werden.