Currenta will riesige Mengen Grundwasser abpumpen

Stand: 11.05.2022, 09:01 Uhr

Der Chempark-Betreiber hat bei der Bezirksregierung Köln beantragt, in den kommenden 30 Jahren pro Jahr fast 100 Millionen Kubikmeter Wasser am Rheinufer in Leverkusen fördern zu dürfen.

Von Oliver Köhler

Die Rechte für die Entnahme dieser 100 Mio Kubikmeter jährlich waren vor zwei Jahren abgelaufen. Currenta hat sie jetzt neu beantragt. In Leverkusen, Köln und Dormagen besitzt das Unternehmen nach Angaben der Umweltschutzorganisation BUND bereits weitere Rechte für das Abpumpen von zusätzlichen 250 Millionen Kubikmetern Grundwasser. Wenn die Bezirksregierung zustimmt, könnte Currenta in den kommenden 30 Jahren jeweils bis zu 350 Millionen Kubikmeter Wasser am Rheinufer entnehmen. Das ist das 5-fache der Menge, die alle Bewohner von Köln zusammen pro Jahr verbrauchen.

Zahlreiche Pumpenanlagen mitten in der Rheinaue

Abgestorbene Bäume, ausgetrocknete Alt-Arme, verdorrte Wiesen – die Rheinaue im Kölner Stadtteil Flittard ist keine Auen-Landschaft mehr. „Die für Rheinauen typischen Pflanzen und Tiere fehlen hier fast vollständig“, sagt der Wasserexperte der Umweltorganisation BUND, Matthias Schmitt dem WDR.

Pumpendeckel

Pumpendeckel

Statt auf die typische Tier- und Pflanzenwelt einer Rheinaue stoßen Besucher in der Flittarder Aue auf Dutzende grellgrün gestrichene Stahldeckel. Darunter befinden sich Pumpenanlagen von Currenta. 

Hier pumpt das Unternehmen Grundwasser ab. Das wird überwiegend als Kühlwasser und Wasser für die Chemieproduktion im Leverkusener Chempark genutzt.

Grundwasserentnahme schadet Auenlandschaft

Der große Wasserverbrauch des Leverkusener Chemparks sei der Grund für die Dürre in der Flittarder Aue, erklärt der BUND-Wasserexperte Matthias Schmitt: „Wenn man weiß, dass das hier früher eine Aue war, die nass war, durchflutet war, dann ist auch klar, dass durch die Entnahme der Brunnen, die Currenta schon lange betreibt, sich das ganze System hier geändert hat. Ursächlich, dass diese Aue keine Aue mehr ist, ist die Grundwasserentnahme der Currenta.“

Dürre in der Flittarder Rheinaue

Dürre in der Flittarder Rheinaue

Currenta bestreitet das: Grund für die Trockenheit seien bauliche Maßnahmen in der Aue, mit denen Currenta nichts zu tun habe, erklärt das Unternehmen in einer Stellungnahme an den WDR. Zitat: „Durch diese Maßnahmen wurde und wird der Zulauf aus dem Rhein je nach Wasserstand im Rhein unterbrochen“.

Rhein heizt sich auf, Sauerstoffgehalt sinkt

Insgesamt summiert sich die Erlaubnis zur Wasserentnahme von Currenta in Köln, Leverkusen und Dormagen auf bis zu 350 Millionen Kubikmeter pro Jahr. Der Wasserexperte des BUND fürchtet, dass der Rhein das künftig nicht mehr verträgt. 

 „Gerade im Sommer verbraucht der Chempark viel Kühlwasser. Dann hat der Rhein aber meist Niedrigwasser und ist sowieso schon aufgeheizt. Das wird sich aufgrund des Klimawandels sehr wahrscheinlich zuspitzen“, erklärt Matthias Schmitt.

„Wenn dann auch noch Wasser entnommen, in Kühltürmen aufgeheizt und dann wieder in den Rhein geleitet wird, steigt die Temperatur noch weiter, der Sauerstoffgehalt sinkt, Tiere und Pflanzen geraten in Gefahr“. Die Umweltorganisation BUND fordert, dass Currenta den Wasserverbrauch deutlich reduziert.

Currenta bestreitet Vorwürfe

Currenta sieht keinen Anlass für die Befürchtungen des BUND. In einer Stellungnahme an den WDR schreibt Currenta: „Das geförderte Wasser wird (…) nicht verbraucht, sondern genutzt und zu einem weit überwiegenden Teil noch am Standort wieder in den Kreislauf zurückgeführt“.

Das aus dem Boden abgepumpte Grundwasser fließe am Ende wieder zurück in den Rhein.

Dass Currenta nördlich von Leverkusen riesige Mengen Abwasser in den Rhein leite, helfe dem Fluss und den Uferbereichen in Köln nicht, sagen Umweltschützer. Die Trockenheit gefährde Pflanzen und Tiere.

Currenta will sich Wasserrecht für 30 Jahre sichern

Die Wasserrechte mit einer Entnahme von etwa 100 Millionen Kubikmeter im Bereich Leverkusen waren vor zwei Jahren ausgelaufen. Die Umweltorganisation BUND kritisiert, dass Currenta die Wasserrechte jetzt mit nahezu mit der gleichen Entnahme-Menge beantragt. „Die Situation hat und wird sich durch den Klimawandel weiter ändern“, sagt BUND-Experte Schmitt, „da kann Currenta nicht weitermachen wie bisher. Currenta muss Wasser sparen.“

Besonders scharf kritisiert die Umweltorganisation BUND, dass Currenta sich die Rechte für die Entnahme der etwa 100 Millionen Kubikmeter  für 30 Jahre sicher will.

Currenta setzt sich nach eigenen Angaben dafür ein, „dass in den nächsten Jahren an den Chempark-Standorten die Effektivität und Effizienz deutlich gesteigert werden kann und damit auch die Wassernutzung weiter signifikant sinkt“.

Trotz dieser Ankündigung bleibt der Chempark-Betreiber dabei: Die Wasserrechte sollen mit unverändert hohen Mengen für 30 Jahre gelten. Wenn die Kölner Bezirksregierung die Rechte so gewährt, könnte niemand Currenta zum Wassersparen zwingen, selbst wenn rundherum alles verdorren würde.

Über dieses Thema berichten wir am 10.05.2022 im WDR Fernsehen, um 19:30 Uhr in der Lokalzeit Köln.

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