Prozessauftakt gegen Cum-Ex-Schlüsselfigur Hanno Berger

Stand: 04.04.2022, 15:36 Uhr

Hanno Berger, einer der mutmaßlichen Drahtzieher der illegalen Cum-Ex- Aktiengeschäfte, muss sich seit Montag vor dem Bonner Landgericht verantworten. Ihm werden Steuerdelikte vorgeworfen, die einen dreistelligen Millionenbetrag an Schaden angerichtet haben sollen.

Von Jochen Hilgers

Cum-Ex, das war ein Steuerkarussell, das allein bei den Finanzämtern in Deutschland einen Schaden von mehr als 12 Milliarden Euro angerichtet haben soll. Seit Jahren ermittelt die Kölner Staatsanwaltschaft gegen mittlerweile 1.400 Beschuldigte. In Bonn sind bereits die ersten Verfahren mit Haft, beziehungsweise Bewährungsstrafen abgeschlossen worden. Seit heute steht der ehemalige Finanzbeamte und spätere Steueranwalt Hanno Berger in Bonn vor Gericht. Er gilt als einer der mutmaßlichen Drahtzieher.

Hanno Berger ist der erste Angeklagte im Cum-Ex-Komplex, der in Handschellen begleitet von zwei Justizwachtmeistern in den Gerichtssaal geführt wird. Das passt so gar nicht zu seiner seriösen Erscheinung in Anzug, Krawatte und weißem Hemd. Der einst millionenschwere Steueranwalt verfolgt den Prozessauftakt mit der Verlesung der Anklageschrift aufmerksam und machte sich immer wieder Notizen. Und das obwohl er die Anklage wohl bestens kennt. Ausführlich schildert die Chefanklägerin Anne Brorhilker von der Kölner Staatsanwaltschaft zunächst das Cum-Ex-Steuerkarussell.

Steuern erstattet, die nie bezahlt wurden

Hanno Berger soll genau dies zumindest mitentwickelt haben: Durch Aktienleerverkäufe rund um den Tag der jeweiligen Dividendenausschüttungen, die zu unberechtigten Steuererstattungen in Millionenhöhe führten. Bei Berger listet die Staatsanwaltschaft drei Taten der schweren Steuerhinterziehung auf. Der Schaden soll 278 Millionen Euro betragen. Berger gilt als treibende Kraft der Cum-Ex-Geschäfte. Der frühere Finanzbeamte beriet laut Anklage Banken und reiche Privatinverstoren.

Angeblich angeschlagene Gesundheit

Bei den Schilderungen der einzelnen Geschäfte, die zwischen 2007 und 2012 abgewickelt worden sein sollen, schüttelt Berger immer wieder den Kopf. In den vergangenen Jahren hatte Berger sich immer wieder als unschuldig bezeichnet. Er wird sich zunächst zu den Vorwürfen nicht äußern, kündigten seine Anwälte zu Prozessbeginn an. Martin Kretschmer, einer seiner Anwälte, wies auf den angeschlagenen Gesundheitszustand seines Mandanten hin. Der sitzt in Frankfurt in Untersuchungshaft und muss zu jedem der zwei wöchentlichen Verhandlungstage nach Bonn gebracht werden.  Eine „Tortur“, wie Anwalt Kretschmer meint. In der Tat begann das Verfahren heute bereits mit Verzögerung.

Mittlerweile 1.400 Beschuldigte

Das Verfahren, das heute begonnen hat, zeigt auch wie unnachgiebig die Kölner Staatsanwaltschaft vorgeht. Berger hatte sich 2012 in die Schweiz abgesetzt, als seine Kanzlei in Frankfurt von Ermittlern durchsucht wurde. Dort wähnte er sich offenbar in Sicherheit, bis die dortigen Behörden ihn im Februar auslieferten. Er muss in Bonn mit einer langen Haftstrafe rechnen. Dass Cum-Ex-Geschäfte rechtswidrig sind, hatten sowohl das Bonner Landgericht als auch der Bundesgerichtshof zuvor klar festgestellt. Im Cum-Ex-Komplex geht es um Erstattung von Steuern auf Aktiendividenden - Steuern, die vorher nie gezahlt wurden. Die Kölner Staatsanwaltschaft ermittelt nach eigenen Angaben mittlerweile gegen rund 1.400 Beschuldigte und zahlreiche Banken.

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