Zu sehen ist ein modernes Gebäude, auf einem Schild an der Fassade steht: ukb Universitäts Klinikum Bonn.

Klimasünder Krankenhaus – Bonn geht neue Wege

Stand: 09.02.2023, 10:05 Uhr

In Krankenhäusern geht es vornehmlich um Gesundheit. Durch Einwegprodukte und einen hohen Energieverbrauch entstehen dabei aber viele Treibhausgase. Am Uniklinikum gibt es deshalb Projekte für mehr Nachhaltigkeit.

Von Christian von Stülpnagel

Um zu zeigen, wie klimaschädlich die Arbeit in Kliniken sein kann, verweist Prof. Mark Coburn, Anästhesist am Uniklinikum Bonn gern auf Narkosegase: „Da haben wir Mittel, die emittieren für eine Stunde Operation so viel wie ein Auto auf 125 Kilometern.“ Stattdessen setzt das UKB auf Produkte, die im Vergleich nur so viel Klimagase ausstoßen, wie ein Auto auf drei Kilometern. „Bei rund 35.000 Operationen im Jahr können wir so unsere Emissionen pro Jahr um 100 Tonnen CO2 senken“, sagt Coburn.

Insgesamt hat die Nachhaltigkeit im Gesundheitssektor bisher nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Weltweit ist er aber für rund 5 Prozent der jährlichen Treibhausgasemissionen verantwortlich, stößt insgesamt mehr aus, als Deutschland insgesamt. Auch in vielen Kliniken hat deshalb in den vergangenen Jahren ein Umdenken eingesetzt.

Bis 2035 klimaneutral

„Wir haben das Ziel, bis 2035 klimaneutral zu sein“, sagt Michael Schmitz, am Uniklinikum für das Abfallmanagement zuständig. Dafür setzt das UKB nicht nur auf weniger klimaschädliche Narkosegase, sondern möchte auch den Abfall reduzieren.

Denn bisher wird in Krankenhäusern viel auf steril verpackte Einmalprodukte gesetzt. Auch Geräte in den Operationssälen, um etwa Nähte im Bauchraum zu verschließen, werden bisher nach dem Eingriff weggeschmissen. „Die waren mit dem Patienten in Kontakt, mit Körperflüssigkeiten und Blut, deshalb werden die in den allermeisten Fällen verbrannt“, sagt zum Beispiel Prof. Jörg Kalff, Direktor der Chirurgie am UKB. Hochwertige Metalle, Edelstahlt, Aluminium, Titan: Alles landet bisher in der Müllverbrennungsanlage, um mögliche Keime sicher zu vernichten.

Recycling statt Verbrennung

Am UKB setzen sie jetzt aber auch auf Recycling: Seit Oktober werden die medizinischen Geräte gesammelt und nach der OP in eine grüne Recyclingtonne gesteckt. In der hauseigenen Mikrobiologie werden die Geräte sterilisiert und schließlich ins Recycling gegeben. Eine direkte Wiederverwendung ist nicht möglich, weil die Elektronik in den Geräten durch die hohen Temperaturen beschädigt wird – trotzdem soll so viel CO2 gespart werden.

Insgesamt ermittelt das UKB derzeit, wie viel CO2 es pro Jahr produziert – und wo es überall einsparen kann. So soll es mehr Elektrofahrzeuge geben und auf mehr Dächern eine Solaranlage installiert werden – denn der Energieverbrauch mache einen großen Teil der Emissionen aus, sagt Michael Schmitz.

Auch andere Kliniken arbeiten an Nachhaltigkeit

Auch andere Kliniken in der Region arbeiten daran, ihre negative Klimabilanz aufzubessern: So hat das Johanniter-Krankenhaus großflächig Solaranlagen installiert, die LVR-Klinik ist seit dem vergangenen Jahr an das Fernwärmenetz der Stadtwerke Bonn angeschlossen. Insgesamt hat der Deutsche Ärztetag das Ziel ausgegeben, das deutsche Gesundheitswesen bis 2030 klimaneutral zu machen – fünf Jahre schneller als es der Plan am UKB vorsieht.

Dort ist man aber stolz darauf, auch mit kleinen Projekten erste Schritte in mehr Nachhaltigkeit zu machen. So wird das CO2 aus der Atemluft von Narkosepatienten abgeschieden. Statt diesen Atemkalk wie sonst als Sondermüll zu entsorgen, gibt ihn das UKB jetzt aber an den Hersteller der Narkosegeräte zurück, sagt Mark Coburn. „Der Kalk ist auch ein Rohstoff. Der kann dann zum Beispiel als Düngemittel verwendet werden.“

Nachhaltigkeit im UKB

03:14 Min. Verfügbar bis 09.02.2024

Nachhaltigkeitsbeauftragte vom UKB im Gespräch

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Über dieses Thema haben wir am 08. Februar 2023 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit Bonn, 19:30 Uhr

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