Prozess gegen Thomas Drach - Opfer berichtet über Gewalttat

Stand: 12.05.2022, 12:59 Uhr

Der Aschermittwoch 2019 veränderte sein Leben. Der heute 56-Jährige wurde bei einem Überfall am Flughafen Köln/Bonn niedergeschossen. Sein Oberschenkel-Knochen sei geradezu "explodiert", sagt er vor Gericht. Er träume jede Nacht von der Tat. 

Von Markus Schmitz

Der Mann braucht einen Gehstock. Er muss mehrmals pausieren, als er die Treppen hinauf in den Verhandlungssaal 112 im Kölner Landgericht geht. Er ist sehr schlank - 56 Jahre alt. Er wirkt viel älter.

Er setzt sich in den Zeugenstand. Als Thomas Drach den Saal zum 16. Verhandlungstag betritt, schauen sich die beiden in die Augen. Dann beginnt die Schilderung des Zeugen. 

"Es ging alles blitzschnell"

Der Mann beantwortet die Fragen des Vorsitzenden Richters ganz ruhig - dabei sind seine Beschreibungen dramatisch. Er war gemeinsam mit zwei Kollegen an diesem Tag am Flughafen Köln/Bonn unterwegs. Sein Auftrag bestand darin, Geldkassetten aus den Automaten für die Transporttrolleys zu wechseln. Nach einer Zigarettenpause machen sich die drei Geld- und Werttransporteure an die Arbeit.

In dem Moment, in dem der heute 56-Jährige aus dem Wagen steigt, hört er das jemand auf ihn zuläuft. "Es hat sich wie ein alter Mann angehört, schnaufend", sagt der Mann. Dann habe die Person gesagt, dass er sich hinlegen solle. Der Zeuge sagt daraufhin, dass er erst wenige Monate zuvor zwei neue Hüften bekommen habe, deshalb konnte er sich gar nicht hinlegen. Er habe die Person noch gesehen, dann auf das Maschinengewehr geblickt, wenig später fällt der Schuss. 

Projektil im rechten Oberschenkel eingetreten - im linken Oberschenkel stecken geblieben

Sein Oberschenkel sei geradezu "explodiert", sagt er. "Schmerzen ohne Ende". Zunächst hatte die Kugel seinen rechten Oberschenkel und den Knochen durchschlagen, trat wieder aus und blieb dann im linken Oberschenkel stecken. Von dem Geschehen danach und der Flucht der Täter habe er nichts mehr mitbekommen. Er habe nur noch die Rettungskräfte wahrgenommen. Polizisten haben ihm den Oberschenkel abgebunden. Etwa gegen 10 Uhr sei er ins Krankenhaus eingeliefert worden. 

Der Täter sei vermummt gewesen. Die obere Gesichtshälfte konnte er nicht sehen, der Zeuge habe aber deutlich einen grauen Bart an dem Mann wahrgenommen, weil die Kinnpartie des Schützen zu sehen war. 

"Jede Nacht träume ich davon  "

Er könne sich an das Geschehen genau erinnern, wiederholt er immer wieder. Deshalb gebe er auch die Situation bei den Nachfragen der Verteidiger ohne Widersprüche wider. 

Der Zeuge sieht in der Verhandlung heute das Video des Überfalls der Überwachungskamera des Flughafens zum ersten Mal. Mehrmals wird es abgespielt. Auf die Frage der Zeugenbetreuerin sagt der Mann einige Minuten später, dass sein Herzklopfen wieder weniger geworden sei. 

Der Mann ist seit dem Geschehen arbeitsunfähig. Er ist zu 90 Prozent behindert, sagt er. Nach einer komplizierten Operation damals muss die Platte, die den Oberschenkel-Knochen zusammenhält, in der Zukunft noch entnommen werden. Er berichtet von Komplikationen nach dem Überfall. Er habe Wasser im Herzen gehabt, weil er sich nicht mehr bewegt habe. Auch eine halbseitige Gesichtslähmung sei zeitweise aufgetreten. Er würde jede Nacht wach, träume von der Tat, setze sich ins Wohnzimmer und bekomme Panikattacken. Auch seine Frau leide nach dem Geschehen. 

Deutliche Hinweise, dass der Schütze von dem Überfall an Aschermittwoch 2019 am Flughafen Köln/Bonn der angeklagte Thomas Drach ist, gibt es auch nach dieser Zeugenaussage nicht.

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