Schließung der Liebfrauenschule
03:43 Min.. Verfügbar bis 24.03.2024.
Großer Ärger über Schulschließung in Bonn
Stand: 24.03.2023, 09:34 Uhr
Seit mehr als 100 Jahren gibt es die Bonner Liebfrauenschule in der Bonner Südstadt. Nach der Entscheidung des Erzbistums Kölns, das Mädchengymnasium zu schließen, ist der Ärger bei Schülerinnen, Eltern und Lehrern groß.
Von Jörg Sauerwein
„Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Schule klaut“, schallt es immer wieder durch die Bonner Königstraße. Hunderte Mädchen stehen mit spontan gemalten Plakaten direkt am Schulzaun und protestieren gegen die Schließung ihrer Erzbischöflichen Liebfrauenschule. Vertreter des Erzbistums Köln hatten soeben offiziell bestätigt, was schon am Tag vorher bei einigen die Runde gemacht hatte: Das Mädchengymnasium wird im Jahr 2029 geschlossen.
Schülerinnen: „Wir sind hier doch eine Familie“
Danach ist an geordneten Unterricht nicht mehr zu denken. Die rund 550 Schülerinnen machen ihrem Ärger immer wieder lautstark Luft und demonstrieren vor ihrer Schule direkt an der Straße gegen die Schließung. Die beiden 17-jährigen Luisa Schnabel und Anne Brossert sagen, sie seien völlig schockiert. Ihre Schule sei nicht nur „ein Ort, wo wir lernen, sondern wir sind hier auch zu einer Familie zusammengewachsen.“ Jetzt sei das Ende für diese Familie beschlossen worden.
Lehrer unterstützen lautstarken Protest

Auch viele Lehrer sind fassungslos über die Entscheidung. Die Gerüchte über ein mögliches Aus der Schule gebe es schon seit Jahren, sagt die Deutsch- und Religionslehrerin Jessica Kienker-Thoenes. Die tatsächliche Entscheidung habe sie trotzdem entsetzt. Auch Konrad Hronak kann es noch nicht fassen. Der einzige Grund zur Freude ist für den Sozialwissenschaftslehrer der spontane und geballte Protest seiner Schülerinnen: „Ich glaube, ich war noch nie so stolz auf diese Mädchen.“
Erzbistum: „Keine zukunftsfähig Lösung möglich“
Beim Erzbistum erklärt man die Schließung einerseits mit sinkenden Zahlen bei den Anmeldungen für neue Schülerinnen. Andererseits gebe es auch keine räumlichen Möglichkeiten für einen Ausbau, erläutert die beim Erzbistum für Schulen zuständige Leiterin Bernadette Schwarz-Boenneke. Deshalb sei zum Beispiel auch eine Öffnung der Schule für Jungen keine Option. Man sei alle Konzepte und Ideen durchgegangen: „Aber wir können keines der Konzepte zukunftsfähig realisieren.“
Finanzielle Gründe für Schließung?
Einige Eltern kritisieren, die Argumente des Erzbistums seien nur vorgeschoben. Sie glauben, in Wirklichkeit könnten die Finanzen eine viel größere Rolle spielen. Dieser Gedanke klingt auch bei einigen Lehrern durch. Das weist die Vertreterin des Erzbistums allerdings zurück. Finanzielle Gründe spielten bei der Entscheidung keine Rolle, sagt Schwarz-Boenneke.
Clara-Schumann-Gymnasium könnte profitieren
Die Gebäude und Flächen könnten auch nach dem Jahr 2029 weiterhin schulisch genutzt werden. Denn die Stadt Bonn teilte inzwischen mit, sie habe ein „hohes Interesse daran, die Zahl der innenstadtnahen gymnasialen Schulplätze zu erhalten.“ Ein denkbarer Ansatz sei, die Flächen der heutigen Liebfrauenschule und des direkt dahinter liegenden Clara-Schumann-Gymnasiums zusammenzulegen. Das städtische Gymnasium könnte dann noch mehr Schüler aufnehmen. Das werde jetzt weiter geprüft, heißt es von der Stadt.
Fassungslose Eltern
Das Ende der Liebfrauenschule aber sei „ein Verlust für das Quartier und die Stadt Bonn“, meint Reinhold Schnabel. Alle seine drei Töchter sind oder waren auf der Erzbischöflichen Schule, an der „christliche Nächstenliebe auch gelebt“ werde und jede Schülerin mitgenommen werde. Das sieht auch Birte Schlimbach so. Ihre Tochter habe es hier trotz einiger Einschränkungen bis in die Oberstufe geschafft, erzählt die alleinerziehende Mutter mit Tränen in den Augen. Jetzt stehe ihr Kind kurz vor dem Abitur: „Obwohl ich keine Akademikerin bin und sie eben nicht so unterstützt wird wie andere Kinder“. Das sei nur durch die intensive Förderung der Schule möglich gewesen.
Jetzige 7-Klässlerinnen machen das letzte Abitur
Die Eckdaten für die Schulschließung stehen laut Erzbistum fest. Im Sommer beginnt der letzte neue Jahrgang seine Schullaufbahn an der Liebfrauenschule. Diese Mädchen müssen allerdings genauso wie die jetzigen 5. und 6. Klassen spätestens im Jahr 2029 die Schule wechseln. Dann sollen sie einen Platz in einer anderen Kooperations- oder Erzbischöflichen Schulen bekommen, verspricht die stellvertretende Schulleiterin Annika Rüter.
Mit diesen Plänen wollen sich die Schülerinnen aber noch nicht abfinden. Sie wollen noch gegen die Schließung ihrer Schule kämpfen. „Wir haben noch Hoffnung“, lächelt Luisa Schnabel.
Über dieses Thema berichten wir am 23. März 2023 im WDR Fernsehen: Lokalzeit aus Bonn, 19:30 Uhr.