U-Ausschuss "Hackerangriff": Abschlussbericht rügt Landesregierung

Stand: 04.12.2020, 16:01 Uhr

Der Rücktritt der ehemaligen Umweltministerin Christina Schulze Föcking (CDU) hat einen Untersuchungsausschuss beschäftigt. Jetzt gibt es den Entwurf des Abschlussberichtes. Er liegt dem WDR vor.

Von Rainer Striewski und Marc Steinhäuser

Als Ministerin ist Christina Schulze Föcking (CDU) längst zurückgetreten, die Umstände ihres Rücktritts beschäftigen aber bis heute den Landtag - jetzt liegen erstmals politische Vorschläge auf dem Tisch, welche Konsequenzen aus dem Fall gezogen werden sollen. Dabei geht es vor allem um die Arbeit und Rolle des Justizministers.

Bereits seit mehr als zwei Jahren versuchen die Abgeordneten im "Untersuchungsausschuss II (Hackerangriff/Stabsstelle)" zwei Fragen zu klären: Welche Rolle hat die Landesregierung im Falle des vermeintlichen Hackerangriffs auf das private Netzwerk der Ministerin gespielt? Und warum wurde unter der damaligen Umweltministerin die Stabsstelle Umweltkriminalität abgeschafft?

Entwurf des Abschlussberichts schließt Hackerangriff aus

Im Fall des vermeintlichen Hackerangriffs steht die Ausschussarbeit nun offenbar kurz vor dem Abschluss. Dem WDR liegt der Entwurf eines ersten Abschlussberichts zu diesem Themenkomplex vor, der allerdings von den Ausschussmitgliedern noch nicht abschließend beraten wurde.

Demnach stellt der Ausschuss unter Vorsitz von Hans-Willi Körfges (SPD) unter anderem fest, dass es 2018 "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" keinen Hackerangriff auf das Netzwerk von Christina Schulze Föcking gegeben habe. Die Kommunikation der Landesregierung habe sich als "vorschnell und wenig belastbar" erwiesen. Dadurch sei das Vertrauen für künftige Krisen sogar "gefährdet."

Ermittlungen ergaben Bedienfehler - doch gingen lange weiter

Die Ministerin hatte damals Anzeige erstattet, weil am Abend des 15. März für sie überraschend das Video einer Landtagsdebatte auf ihrem Fernseher abgespielt wurde. Schulze Föcking stand damals wegen des Schweinemastbetriebes ihres Mannes in der Kritik - und für sie offenbar spontan die Frage im Raum: Hatten sich Aktivisten Zugriff auf ihr Heimnetzwerk verschafft?

Die Ermittlungen konnten jedoch keinen fremden Zugriff auf ihr Netzwerk nachweisen. Stattdessen wird von einem Bedienfehler der im Haushalt lebenden Mutter von Christina Schulze Föcking ausgegangen.

Damit hätte die Geschichte eigentlich erledigt gewesen sein können - und vor allen Dingen kein Thema für einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA). Das wurde der Komplex erst durch das Verhalten der Landesregierung. Die stellte nämlich den Vorfall bereits am Tag danach als erfolgreichen Hackerangriff dar, obwohl die Ermittlungen noch gar nicht abgeschlossen waren. Und auch Justizminister Peter Biesenbach (CDU) geriet in die Kritik.

Hat Justizminister in Ermittlungen eingegriffen?

Als die Ermittler zwei Wochen nach dem Vorfall der damaligen Ministerin erklärten, dass sie nicht Opfer eines Hackerangriffs gewesen war, schaltete sich der Justizminister persönlich ein. In einem Telefonat mit dem Leitenden Oberstaatsanwalt erkundigte er sich noch am selben Tag nach dem Stand der Ermittlungen - die dann erstmal weiterliefen.

Laut Verbindungsdaten seines Diensthandys hat er direkt danach auch Christina Schulze Föckings Mobiltelefon angerufen. Vor dem Untersuchungsausschuss konnte sich Biesenbach an kein Gespräch mit seiner Kabinettskollegin erinnern. War's nur ein ungewollter "Taschenanruf"?

Sollte der aktuelle Entwurf des PUA-Abschlussberichts so vom Ausschuss verabschiedet werden, dürfte Biesenbach künftig wesentlich seltener zum Handy greifen. Eine Empfehlung lautet klar, "die Unabhängigkeit der Ermittlungsbehörden zu stärken, indem auf unmittelbare Kontakte des Justizministers zu Ermittlungspersonen verzichtet wird." Er solle stattdessen Berichte über den Dienstweg anfordern.

Zudem wird die Landesregierung aufgefordert, dienstliche Verbindungsdaten nachzuhalten, unabhängig vom genutzten Endgerät. Biesenbach hatte zuvor zugegeben, für dienstliche Kommunikation auch sein Privathandy zu nutzen.

Staatsanwaltschaft soll Medien informieren

Auch die Staatskanzlei muss sich im Entwurf des Abschlussberichts Kritik gefallen lassen. Sie solle künftig die Öffentlichkeitsarbeit bei strafrechtlichen Verfahren unterlassen und die Pressehoheit der Staatsanwaltschaft respektieren.

CDU kritisiert "unbelegte Schlussfolgerungen"

Das Gebäude des Landtags Düsseldorf

Mitte Dezember tagt der PUA erneut im Landtag

Die CDU kritisierte den Entwurf des Abschlussberichts am Freitag als "parteipolitisch gefärbt". "Für gewöhnlich werden solche Entwürfe im Ausschuss beraten und oft gemeinsam verabschiedet, wenn es dafür eine inhaltliche Grundlage gibt", betonte Heinrich Frieling, Sprecher der CDU-Fraktion im Untersuchungsausschuss.

Der Bericht sei "voll von Unterstellungen, suggestiven Annahmen und unbelegten Schlussfolgerungen". Über das Vorgehen der SPD werde in der nächsten Ausschuss-Sitzung zu reden sein, kündigte Frieling an. Die ist aktuell für den 14. Dezember geplant.

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