Der Hype am Petersplatz: Ein Mann aus NRW war mittendrin

Aktuelle Stunde 09.05.2025 37:23 Min. UT Verfügbar bis 09.05.2027 WDR Von Thomas Kramer

Weltfrieden! Was sich Menschen aus NRW von Papst Leo XIV. erhoffen

Stand: 09.05.2025, 15:19 Uhr

"Habemus papam": Seit Donnerstag ist Robert Prevost neuer Papst. Welche Erwartungen und Hoffnungen haben die Menschen an Leo XIV.?

Der US-Amerikaner Robert Prevost ist das neue Oberhaupt der katholischen Kirche. Zehntausende begrüßten ihn am Donnerstagabend jubelnd auf dem Petersplatz in Rom, Glückwünsche kamen aus der ganzen Welt. Einer, der dabei war und mitwählen durfte, war der Kölner Kardinal Woelki.

"Das war ein wirklich bewegendes und tiefgehendes Ereignis und Erlebnis. Ich bin wirklich ganz froh und glücklich, dass wir so schnell einen neuen Heiligen Vater gefunden haben für die Kirche", sagte er dem WDR.

Die Erwartungen an Leon XIV. sind hoch und reichen von innerkirchlichen Reformen bis hin zu globalen gesellschaftlichen Themen. WDR-Reporter Oliver Mayer hat am Donnerstagabend kurz nach der Wahl mit vielen Menschen auf der Kölner Domplatte darüber gesprochen - auch mit jungen.

Habemus Papam: Was erwarten Sie von Leo XIV.?

WDR 5 Tagesgespräch 09.05.2025 45:23 Min. Verfügbar bis 09.05.2026 WDR 5


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"Denen ist es wichtig, dass sie teilhaben können an der 'neuen' Kirche. Dass der Weg von Papst Franziskus fortgesetzt wird. Dass auch sie weiterhin einen großen Teil in der katholischen Kirche mitbestimmen dürfen."

Ein weiteres Thema sei die Rolle der Frauen in der katholischen Kirche, sagt Mayer. "Und: Andere sagten, dass sie es gut finden, dass der neue Papst ein US-Amerikaner ist. Dass die Friedensbotschaft auch bei Donald Trump ankommt. Und dass der Papst dazu beitragen kann, dass es friedliche Zeiten auf der Welt gibt."

Die Erwartungen an den neuen Papst lassen sich in vier Kernpunkten zusammenfassen:

1. Der "Friedenspapst"

Angesichts der Kriege und Krisen weltweit verbinden viele mit Leo XIV. die Hoffnung, dass er zum "Friedenspapst" wird. Das liegt auch an seinen ersten Worten, die er sprach, als er am Donnerstagabend vor die Gläubigen trat:

"Der Friede sei mit euch allen! Liebe Brüder und Schwestern, dies ist der erste Gruß des auferstandenen Christus, des guten Hirten, der das Leben gegeben hat für die Herde des Herrn. Auch ich möchte, dass dieser Friedensgruß in euer Herz eingehe, eure Familien erreiche, alle Menschen, wo immer sie seien, alle Völker, die ganze Erde. Der Friede sei mit euch!" Papst Leo XIV.

Allein dreimal das Wort "Frieden" in den ersten vier Sätzen. Der Aachener Bischof Helmut Dieser war davon sehr angetan: "Seine ersten Worte haben mich tief berührt: der Wunsch des auferstandenen Christus, dass der Friede mit uns Menschen sei, und zwar in der ganzen Welt. Und dass das Böse nicht siegen wird."

Leo XIV. werde ein politischer Papst sein, prognostiziert der Kirchenhistoriker Hubert Wolf von der Uni Münster. Das verdeutliche "sein liturgischer Gruß: "Der Friede sei mit euch" am Anfang seiner relativ langen, handschriftlich verfassten Rede".

Neuer Papst Leo XIV.: "Sein Thema ist der Friede"

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Auch der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, geht davon aus, dass Prevost sich politisch einmischen werde. Er sei zurückhaltend und freundlich. Aber wenn es gelte, werde er klare Botschaften setzen.

2. Gegenpol zu Trump und Putin

Apropos US-Politik: Robert Prevost, gebürtiger US-Amerikaner, hat sich in der Vergangenheit kritisch zu Entscheidungen von Trumps Regierung geäußert. Bischof Bätzing hält es für möglich, dass er einen politischen Gegenpol zu Präsident Donald Trump bilden wird.

"Zumindest deutet vieles darauf hin", sagte Bätzing am Freitagmorgen im Deutschlandfunk. Prevost vertrete eher die Trump-kritische Seite der amerikanischen Bevölkerung. Er sei "ein völlig anderer Charakter als Donald Trump".

Prevost habe als Kardinal US-Vizepräsident J.D. Vance widersprochen, der mit Blick auf die Migrationspolitik erklärt hatte, es sei ein christliches Konzept, dass man zuerst seine Familie liebe, dann die Mitbürger und erst dann den Rest der Welt. "Da hat sich Kardinal Prevost sehr deutlich eingeschaltet und gesagt: Nächstenliebe kennt keine Kategorisierung."

Thomas Schüller

Münsteraner Theologe Thomas Schüller

Der Münsteraner Theologe Thomas Schüller geht deswegen davon aus, Leo XIV. werde "als erfahrener Diplomat den Tyrannen der Welt wie Trump und Putin die Stirn bieten". Er hoffe, "dass die vatikanische Diplomatie, die unter den sprunghaften Äußerungen von Papst Franziskus zu den Konflikten in der Ukraine und in Gaza Schaden genommen hat, unter dem neuen Papst wieder in verlässliche Fahrwasser gebracht werden wird".

Und der Diözesanadministrator des Bistums Münster, Antonius Hamers, nannte es ein starkes Signal, "dass gerade in der derzeitigen weltpolitischen Situation ein US-amerikanischer Kardinal zum Papst gewählt wird". Leon XIV. werde "sicher ganz andere Signale in die Welt senden als die derzeitige US-Regierung".

Nicht-Katholik Trump, der sich mit einem KI-Bild in Papstgewändern und Einlassungen vor Reportern selbst ins Gespräch für die Nachfolge von Papst Franziskus gebracht hatte, ließ Freude über die Wahl des Kardinals erkennen.

"Welch große Ehre für unser Land", äußerte sich der US-Präsident Minuten, nachdem die Welt am Donnerstag von der überraschenden Entscheidung erfahren hatte. "Ich freue mich darauf, Papst Leo XIV. zu treffen. Es wird ein sehr bedeutungsvoller Moment sein!"

3. Der Missbrauchsskandal

Seit Jahren sinken die Mitgliederzahlen in der katholischen Kirche - auch wegen des Missbrauchsskandals. Die Betroffeneninitiative "Eckiger Tisch" erwartet deswegen vom neuen Papst strukturelle Veränderungen.

"Die Lernkurve muss steil sein. Denn es ist schon sehr viel Zeit verschwendet worden. Drei Päpste sind nun schon mit der Missbrauchskrise befasst gewesen, die sich zu einer globalen Krise der Glaubwürdigkeit für die Kirche entwickelt hat. Und wir warten immer noch auf durchgreifende Konsequenzen." Matthias Katsch, Sprecher der Betroffeneninitiative "Eckiger Tisch"

In den neuen Papst habe er aber große Hoffnungen. "Er bringt gute Voraussetzungen mit", sagte Katsch. In seiner zweiten Heimat Peru habe Kardinal Prevost sich für Betroffene von sexuellem Missbrauch eingesetzt. Gleichwohl steht bis heute der Vorwurf im Raum, dass das alles nicht ordentlich aufgeklärt worden ist.

Opfer von Missbrauch: Porträt von Patrick Bauer

Missbrauchsopfer Patrick Bauer, Betroffenenbeirat der Deutschen Bischofskonferenz

Patrick Bauer ist selbst missbraucht worden und heute Sprecher des Betroffenenbeirats der Deutschen Bischofskonferenz in Bonn. Er betont: "Wir werden ihn daran messen, wie er dieses Thema innerhalb der katholischen Kirche voranbringt und wie er mit Bischöfen umgeht, die sich schuldig gemacht haben im Ungang mit Betroffenen. Die vertuscht haben, die verdeckt haben."

Vorgänger Franziskus hatte das sogenannte päpstliche Geheimnis aufgehoben. Damit können Unterlagen einfacher der staatlichen Justiz übergeben werden. Zudem wurden Geistliche dazu verpflichtet, Verdachtsfälle zu melden. Organisationen von Missbrauchsopfern fordern aber mehr Entschlossenheit. In vielen Ländern fand bis heute außerdem noch keine unabhängige Aufarbeitung statt.

Es sei gut, dass er sich in die Nachfolge von Franziskus klar gestellt habe, sagt Patrick Bauer. "Er ist aber auch Amerikaner. Und die amerikanische Kirche hat sich in der Aufarbeitung und im Umgang mit Missbrauch nicht gerade mit Ruhm bekleckert."

4. Frauen in der katholischen Kirche

Ein zentrales Thema ist die Rolle der Frauen. Bislang lehnte Robert Prevost die Weihung von Frauen für kirchliche Ämter ab. Bei der Weltsynode 2023 warnte er vor einer "Klerikalisierung von Frauen". Das sei keine Lösung, sondern womöglich ein neuer Problemherd. Frauen hätten bereits vielfältige zentrale Rollen in der Kirche.

Die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) fordert vom neuen Papst Leo XIV. konkrete Schritte im Hinblick auf die Gleichberechtigung von Frauen in der römisch-katholischen Kirche. "Ein Papst, der diesen Weg verfolgt, kann zur Leitfigur einer glaubwürdigen und geschlechtergerechten Kirche werden", sagt die kfd-Bundesvorsitzende Mechthild Heil.

Die kfd fordert seit Langem die Zulassung von Frauen zu allen Ämtern in der katholischen Kirche, auch zum Priesteramt. "Wir hoffen, dass Papst Leo XIV. die Türen der Kirche weit öffnet - für alle Menschen", sagte Heil.

Auch Maria Mesrian von der Initiative Maria 2.0 aus Köln ist es "wichtig, dass das Thema vorangetrieben wird. Ohne Frauen wäre diese Kirche nicht überlebensfähig". Trotzdem sei sie eher verhalten. "Da ist keiner der Kandidaten, die für das Amt zur Verfügung standen, hervorgetreten mit lauten Rufen nach einer Weihe für Frauen, für Gleichberechtigung."

Neuer Papst: "Mann der Mitte"

WDR 5 Mittagsecho 09.05.2025 11:24 Min. Verfügbar bis 09.05.2026 WDR 5


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Clara Steinbrecher von der konservativen Initiative Maria 1.0 lehnt dagegen Reformideen wie das Diakonat der Frau, eine Aufhebung des Pflichtzölibats und Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften ab. Sie wünscht sich stattdessen eine andere Kirche. Eine wie früher. Die Heilige Messe sei von den Gesängen bis hin zur Kleidung der Priester viel zu beliebig geworden.

Vom neuen Papst erhofft sich die 27-Jährige Klarheit und ein Machtwort, etwa bezüglich der Rolle der Frau in der katholischen Kirche: "Der Papst hat auf jeden Fall die Aufgabe, durchzugreifen und all diese falschen Hoffnungen, die in die Welt gesetzt wurden, wieder einzusacken. Das ist natürlich ein undankbarer Job", sagte Steinbrecher. Aber er habe keine andere Wahl. 

Auch der Kirchenhistoriker Hubert Wolf von der Uni Münster ist in Bezug auf eine Öffnung der katholischen Kirche eher skeptisch. "Innerkirchlich und theologisch wird man von ihm etwa im Hinblick auf die Weihe von Frauen oder verheiratete Priester kaum umstürzende Reformen erwarten dürfen."

Unsere Quellen:

Über dieses Thema berichtet der WDR am 9.5.2025 auch im Fernsehen, Aktuelle Stunde, 18.45 Uhr.